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Francisco Adolfo Varnhagen
Ein großer deutsch-portugiesischer Brasilianer

Von Peter Koj

Bei den 500Jahrfeiern wird immer wieder eines Mannes gedacht, der für die Entstehung des jungen Nationalstaates Brasilien von großer Bedeutung war: der Historiker und Diplomat Francisco Adolfo Varnhagen (1816-1878). Er war ein großer liberaler Denker, der in Portugal und Brasilien für seine Ideale kämpfte. So engagierte er sich für die Abschaffung der Sklaverei und empfahl, statt der afrikanischen Sklaven europäische Immigranten auf den Kaffeeplantagen zu beschäftigen.

Francisco Adolfo Varnhagen stammt aus einer alteingesessenen und renommierten westfälischen Familie. Sein Vater Friedrich Wilhelm Varnhagen wurde noch im heimischen Wetterburg, bei Arolsen geboren (24.2.1783). Dessen Bruder, also Franciscos Onkel, ist der bekannte preußische Schriftsteller und Diplomat Karl August Varnhagen von Ense, der wiederum mit Rahel Varnhagen verheiratet war, die als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der ausgehenden Goethezeit gilt und deren literarischer Salon das geistige Zentrum Berlins war. Eine nahe Verwandte ist die Dichterin Rosa-Maria Varnhagen, die wiederum in Hamburg mit dem Dichter Assing verheiratet war.

Vater Friedrich wurde vom portugiesischen Prinzregenten, dem späteren D. Joćo VI, nach Portugal berufen, um die Entwicklung des Bergbaus in Portugal und Brasilien voranzutreiben. 1810 holte ihn der Conde de Linhares nach Brasilien, wo er Direktor der Eisenhütte von S. Joćo do Ipanema in Sorocaba wurde. Gegen den allgemeinen Widerstand baute er hier 1818 den ersten Hochofen auf dem amerikanischen Kontinent. Hier in Sorocaba wurde auch Francisco als 5. Kind der Varn-hagens geboren.

Während der unruhigen Jahre, die zur Unabhängigkeit Brasiliens führten (1822), gingen die Varnhagens nach Deutschland zurück, wurden aber bald von D. Joćo VI nach Portugal zurückgerufen. Hier lebten sie in der Nähe von Marinha Grande, wo es heute noch eine Avenida Varnhagen gibt, während Friedrich Varnhagen sich große Verdienste um den Erhalt des inzwischen arg heruntergekommenen Pinhal de D. Dinis bei Leiria erwarb. Er starb am 16. November 1842 in Lissabon.

Francisco bastelte derweil an einer militärischen Karriere in der portugiesischen Armee. 1839 schloss er in Lissabon das Studium des Geniewesens (militärische Ingenieurwissenschaft) mit Erfolg ab und engagierte sich auf Seiten der Königstreuen im Kampf gegen die Absolutisten. Sein Einsatz wurde aber nicht anerkannt und als die ersehnte Beförderung zum Hauptmann nicht erfolgte, kehrte Francisco in sein Geburtsland Brasilien zurück.

Hier tat er sich durch die Herausgabe verschiedener literarischer und historischer Werke hervor. Der junge brasilianische Staat konnte solch hervorragende geistige Persönlichkeit gut für seinen diplomatischen Dienst gebrauchen und schickte Francisco Varnhagen, 28jährig, als Legationssekretär nach Lissabon. Seine glänzende diplomatische Laufbahn schloss Varnhagen im Range eines Ministers an der brasilianischen Botschaft in Wien ab, wo er im Jahre 1878 starb.

Während seiner langjährigen diplomatischen Aktivitäten in Europa und Südamerika nutzte Francisco Varnhagen die Gelegenheit, in Archiven vor Ort historisches Quellenmaterial zu studieren, das es ihm erlaubte, seine grundlegenden Werke zu schreiben, die einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung der brasilianischen Identität darstellen. Es sind dies vor allem die drei Studien «História Geral do Brasil» (1857), «História das Lutas Contra os Holandeses» (1871) und die posthum erschienene «História da Independência» (1917).

Er war Baron und Vizegraf von Porto Seguro, Ritter des Christusordens, Mitglied der Wissenschaftsakademie von Lissabon und des Geographisch-Historischen Instituts von Brasilien.

Lit: Varnhagen, História. Hg. von Nilo Odália, Sćo Paulo (Ática) 1979





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Portugal-Post Nr. 10 / 2000