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Über die Herkunft des Namens "Brasilien / Brasil"

In seinem Brief an König Manuel I über die „Entdeckung“ Brasiliens durch Pedro Álvares Cabral schreibt Pêro Vaz Caminha, dass dieser dem angeblich neu gefundenen Land den Namen «Terra da Vera Cruz» gegeben habe. Doch sehr bald wurde dieser schöne Name, der das „Kreuz des Südens“ in einen religiösen Zusammenhang, nämlich zum Kreuz Christi, stellte, durch die aus der irischen Brendan-Sage bekannte Bezeichnug «Bresel/Brasil» für die Inseln der Seligen verdrängt. Diese ungewöhnliche Übertragung wurde sicherlich dadurch begünstigt, dass man auf diesem neuen Kontinent, den man anfangs noch für eine Insel hielt, das rötliche, sog. Brasilholz fand. Wir zitieren hierzu aus Günter Kollerts kürzlich als „insel taschenbuch“ erschienene Abhandlung über die portugiesischen Entdeckungsfahrten.

«Brasil» ist als Name für das Land, zu dem Cabral die ersten Portugiesen führte, von I505/06 an belegt. Man kann die Klage des João de Barros verstehen, daß dadurch der vorher übliche Name «Terra da Vera Cruz» aufgegeben wurde; sei doch der Name eines «brasil» genannten roten Farbholzes nicht so wichtig wie der des Heiligen Kreuzes, das vom Blut des Erlösers gerötet wird. Mit der italienischen Vokabel brasile, die „feuerfarben“ bedeutet, wurden ursprünglich verschiedene rote Farbstoffe bezeichnet, etwa die Scharlachbeere «grana de brasile» und eine rote Farbflechte, die auf den Azoren und anderen warmen Atlantikinseln vorkommt. Auch rote Holzarten nannte man «braxilis».

Dazu kam dann die irische Überlieferung von den westwärts im Meer liegenden elysischen Gefilden. So setzte schon I457 der Italiener Fra Mauro auf seiner Weltkarte sogar Irland selbst mit der Insel Berzel und den seligen Gefilden gleich. Die Verquickung dieser Bestandteile hat bis auf den heutigen Tag zu irrtümlichen Deutungen geführt, die jeweils nur den einen oder anderen Aspekt gelten lassen wollen. Die Ansicht, daß die Azoren wegen der dort vorkommenden Farbflechten das ursprüngliche Brasil seien, ist jedoch ebenso verfehlt wie die Auffassung, daß Brasilien seinen Namen allein nach dem seit 1500 an seinen Küsten von den Portugiesen gewonnenen roten Brasilholz erhalten habe, oder daß es seinen Namen nur der keltischen Tradition verdanke, denn damals war die keltische Überlieferung, die in die Kartographie Eingang gefunden hatte, schon völlig mit dem Gebrauch der gleichklingenden romanischen Vokabel verwirrt.

Schließlich darf auch nicht außer acht bleiben, daß die Tupi-Guarani sprechenden Indianer das portugiesische «Brasil» im Norden wie im Süden des Landes mit dem Wort «paraci» wiederzugeben pflegten, was soviel wie „Mutter des Meeres“ oder „Mutter des Wassers“ bedeutet. In der Ariak-Sprache bedeutet «parasil» – „großes Land“; die Wurzel dieses Wortes ist aus vielen südamerikanischen Ortsnamen bekannt: Paraná, Paraguay, Pararima.

In Wirklichkeit bahnten alle diese sprachlichen Anklänge gemeinsam dem alten keltischen Namen den Weg, und noch einmal erschien dort, wo die Traumwelt der irischen Sagen wich, festes Land, wie zuvor bei Brán und Brendan. Und der Name aus der Welt der verwehenden Träume und den Nebeln des Nordatlantiks blieb als Verheißung an einem Stück tropischer Erde haften.


Günter Kollert, Der Gesang des Meeres. Die portugiesischen Entdeckungsfahrten als Mythos der Neuzeit (insel taschenbuch 2614), S.124/5





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Portugal-Post Nr. 10 / 2000


Es ist leicht, Amerika zu entdecken. Doch es ist unendlich schwer, Portugal zu verlassen.