Manoel de Oliveira
Von Romina Carneiro
Es ist auf keinen Fall übertrieben, den Regisseur Manoel de Oliveira als
den international bekanntesten Künstler Portos zu bezeichnen. In dem
unglaublichen Alter von 93 Jahren überrascht er weiterhin Jahr für Jahr die
Welt der Kinoliebhaber mit seinen Kunstwerken. Er filmte zum ersten Mal im Jahre
1929 und hat bis heute seinen Glauben an das Kino als Kunst nicht aufgegeben.
Hat sich nie den kommerziellen Interessen der Kinoindustrie untergeordnet und
meint deswegen viele Feinde zu haben wie z.B. die Verleiher. Der berühmte
Regisseur aus Porto ist für seinen Respekt für die Geschichte bekannt
“Geschichte sind Wege, die sich über die Vergangenheit öffnen, über das
Geschehene” (Visão, 16. 11. 00). Er sagt sogar, dass wir wie Bäume sind, die
sich von ihren Wurzeln nicht trennen dürfen; “wenn wir uns von ihnen trennen,
sterben wir... sind wir gar nichts” behauptet Oliveira in demselben Interview
mit João Mário Grilo. Er meint, es gibt viele Welten
und versucht mit seinen Filmen eine Reflexion über die Unterschiede zu
ermöglichen, die sie trennen. Dies macht er immer indem er sich treu der
Geschichte bedient. Jeder Zuschauer ist anders aber vor allen Dingen “ist der
Zuschauer nicht die Figur”. Im Gegensatz zu dem was im amerikanischen Kino
passiert, sind die Sachen bei Manoel de Oliveira nicht so gemacht,
dass der Zuschauer sich mit der Figur identifiziert. In seinem letzten Film
sehen wir Manoel de Oliveira die entscheidende Antriebskraft unserer Geschichte
entdecken: die Utopie, ebenso wie sein wichtigstes Instrument: das Wort; daher
der Titel “Wort und Utopie”. Es handelt sich mal wieder um einen Film von
enormem geistigem Gleichklang zwischen Cineast und Protagonist. Hier sehen wir
zum ersten Mal Oliveira – in seinem Film – auf der anderen Seite der Kamera,
was im Zuschauer das Gefühl hervorruft, es existiere eine transzendente
Verbindung zwischen Cineast und Figur, zwischen diesen beiden Männer des Wortes
und des Handelns, die per unglaublichem Zufall des Schicksaals an demselben Tag
geboren wurden (wie wir es im oben genannten Interview erfahren): “Der Padre
António Vieira hat vor dreihundert Jahren gelebt, und
hat dieses Jahrhundert durchschritten.
Ich habe das aktuelle Jahrhundert durchschritten, weil ich sogar am selben Tag
geboren wurde...” Wer “Non
ou a Vã Glória de Mandar” kennt wird sicherlich keine Schwierigkeiten
haben, den letzten Film von Oliveira als eine natürliche Erweiterung seines
vorletzten Films zu betrachten. Es handelt sich um eine Reise, die den Wegen der
Diplomatie folgt: Lissabon, Rom, den Missionen Brasiliens und die mit dem etwas
heuchlerischen Schicksaal des obersten Jesuiten Roms spielt. Am Ende des Films
(die Schlussszene ist die des Todes von Padre Vieira), sehen wir Manoel de
Oliveira das Zeugnis dieses Mannes annehmen – der jetzt “der aktiven und
passiven Stimme beraubt ist” – indem er ihm seine Redefreiheit wiedergibt
und wie João Mário Grilo in seiner Kritik “Os
três Vieiras” bemerkt, die ziemlich heuchlerische Absicht des obersten
Jesuiten Roms mit dieser Geste (und welch einer Geste!) 300 Jahre später
vereitelt (Visão, 16. 11. 00). Oliveira sieht den Padre António Vieira mit der
heutigen Mentalität aber nicht ohne zu
versuchen es historisch anzupassen an das was die Mentalität jener Zeit war. Er
gibt zu, es sei nicht einfach gewesen wieder herzustellen, was das Leben vor 300
Jahren war . Und obwohl er noch ziemlich viele Dinge vorfand, ein Paar Kirchen
und die Kanzeln von denen Vieira sprach, beklagte er sich über die knappen
Geldmittel zur Wiederherstellung der inzwischen verschwundenen Kulissen. Die
Wahrheit aber ist, dass es sich mal wieder um einen ausgesprochen eigenartigen
Stil handelt, den manche als genial beschreiben, andere aber, wahrscheinlich die
meisten, als langweilig vor allem wegen der übertriebenen Länge der
Einstellungen.
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Portugal-Post Nr. 14 / 2001
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