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Arbeit mit Spaß - Drei Wochen Sprachkurs in Lissabon

Von Ingmar Regner

Nach einem mehr zufällig gewählten ersten Aufenthalt in Portugal im Dezember 1990 hatten meine Frau und ich Interesse für das Land entdeckt. Als kurz darauf ein portugiesischer Sprachkurs an der Volkshochschule in Buxtehude, unserem Wohnort, angeboten wurde, haben wir diesen belegt. Wie üblich, bröckelte auch dieser Kurs bald ab: bereits für den zweiten Kurs mußten wir einen Teilnehmer erfinden, damit er überhaupt durchgeführt werden konnte. Eine kleine Gruppe von 6 Leuten hatte auch danach weiterhin Interesse, und so haben wir ein paar Jahre weitergemacht, indem wir uns mit dem Dozenten reihum privat getroffen haben.

Bei unseren regelmäßigen Aufenthalten in Portugal ab 1992 in den Frühjahrs- und Herbstferien haben wir ebenfalls versucht, zu lernen und unsere Kenntnisse soweit wie möglich anzuwenden. Aber schon bevor es mit dem Kurs in der Gruppe zu Ende ging hatte ich das Gefühl, auf diese Weise den richtigen Durchbruch mit der Sprache nicht zu schaffen. So entwickelte sich bei mir der Wunsch, einmal ganz intensiv einen Sprachkurs im Land selbst zu machen.

Im Frühjahr 1997 habe ich mich dann entschlossen, dies in die Tat umzusetzen, mir Adressen für Schulen bei Herrn Dr. Koj besorgt und verschiedene Sprachschulen in Lissabon angeschrieben. Von einigen wenigen kam die Antwort sehr prompt, andere brauchten etwas länger. Die letzte Antwort kam nach mehr als 4 Wochen, dafür dann aber auch mit Eilboten!

Natürlich hatte ich mich mit meiner Anfrage in Portugiesisch versucht, unvollkommen, aber alle haben verstanden, was ich wollte. Zum Teil erhielt ich die Antwortbriefe ebenfalls in Portugiesisch - so konnte ich sehen, wie man formale Briefe schreibt -, einige gingen auf Nummer Sicher und antworteten in Englisch oder auch in Deutsch.

Die Auswahl war für mich recht bald klar. Das überzeugendste Angebot war bei den ersten Antworten: die CIAL Centro de Línguas, unter anderem auch deshalb, weil sie zu den Kursen auch Privatunterkünfte in portugiesischen Familien anbot. So wählte ich mutig 3 Wochen Gruppenunterricht mit 6 Stunden täglich für den Monat Juni, wenn in Lissabon die Feste gefeiert werden.

Gespannt war ich sehr. Wie würden die Gruppen aussehen? Passe ich dort mit meinem fortgeschrittenen Alter von deutlich über 50 noch hinein? Wie wird die Unterkunft sein? Ist es im Juni vielleicht doch zu heiß?

Es lief alles bestens. Die Schule lag in der Nähe von Saldanha und meine Unterkunft hatte ich bei einer netten alten Dame an der Stierkampfarena in Campo Pequeno, 10 Minuten Fußweg entfernt.

Am ersten Unterrichtstag saßen wir mit 5 Leuten zum Einstufungstest, in den Altersstufen von knapp unter 30 über Anfang 40 bis Mitte 60 - ich war also kein Alters-Exot und nicht einmal der Älteste. Aus dem Test ergab sich, daß ich für die Anfängergruppe schon zu viel konnte und für die Fortgeschrittenen nicht genug; es gab also keine passende Gruppe für mich. So bot man mir als Ersatz täglich 4 Stunden Einzelunterricht zum gleichen Preis an. Dies habe ich gern angenommen, und auch später nicht bereut, obwohl es manchmal ganz schön anstrengend war. 5 Tage die Woche fand von 9 bis 13 Uhr intensiver Unterricht mit nur einer Pause von 30 Minuten statt.

Der Unterricht lief teils nach Buch ab (Português sem Fronteiras), teils in freiem Gespräch, teils mit zusätzlichen Übungszetteln - die letzteren hatte ich vor allem zahlreich als Hausaufgaben zu bearbeiten. Orlando, der mich in der ersten Woche betreute, ging ruhig und systematisch vor, in einem Tempo, das mir sehr zusagte. Da Orlando dann in Urlaub ging, war ab der zweiten Woche Herminie meine Lehrerin. Für sie war klar, wer sich einen solchen Kursus vornimmt und so viel Geld ausgibt, der muß ordentlich etwas geboten bekommen, und deshalb legte sie ein strammes Tempo vor. Zusätzlich zu dem intensiven Unterricht, von dem ich mittags manches Mal gut erschöpft war, hatte sie immer reichlich Übungszettel als Hausaufgaben für mich abgezogen. Und obendrauf war ab und zu natürlich auch noch eine freie Erzählung zu schreiben oder ein Gesprächsthema vorzubereiten. Ich habe nicht immer alle Übungszettel geschafft und zaghaft versucht zu bremsen, aber Herminie ließ die Zügel nicht locker. Unterschwellig kam so bereits Mitte der Woche die Sehnsucht nach dem Freitag und dem unterrichtsfreien Wochenende bei mir durch.

Weder Orlando noch Herminie konnten Deutsch. Der gesamte Unterricht lief nur in Portugiesisch ab. Nur im äußersten Notfall, wenn mehrere portugiesische Erklärungsversuche absolut nicht helfen wollten, gab es mal eine Hilfestellung in Englisch.

Am Ende hatten wir die zweite Hälfte vom l. Band des Lehrbuchs gründlich durchgearbeitet und aus Band 2 die Lektionen im Eiltempo durchgenommen, dabei die verschiedenen Vergangenheitsformen gelernt, Zukunft, Partizip, Imperativ, indirekte Rede usw. Ich war tatsächlich ein ganzes Stück weitergekommen. Ich denke, ich habe gute Lehrer gehabt. Sie schienen mir auch gut ausgebildet zu sein.

Aber es gab natürlich nicht nur Unterricht. CIAL bot für jeden Tag (außer Sonntag) begleitete Unternehmungen für den Nachmittag oder Abend an: Besichtigungen, Museumsbesuche, Restaurant-Abende in typischen Lokalen, Stadtführungen, oder Teilnahme an Veranstaltungen im Rahmen der Lissaboner Stadtfeste - überwiegend kostenlos, abgesehen von eventuellem Eintritt oder Verzehr. Zu diesen Veranstaltungen trafen sich die Schüler in immer wieder wechselnden Gruppen von etwa 6 bis 10 Personen, je nach Interesse. So konnte man eine Menge Interessantes sehen und Schüler aus anderen Kursen kennenlernen. Da nicht alle zum gleichen Termin angefangen hatten und auch die Kursdauer bei den Teilnehmern sehr unterschiedlich war - manche blieben nur l oder 2 Wochen, oder sie wechselten nach l Woche nach Faro oder Porto - lernte ich in dieser Zeit eine ganze Reihe von Schülern unterschiedlichsten Alters und aus verschiedenen Ländern kennen: Japan, USA, Seychellen, Schweden, Holland, Irland, Österreich, und natürlich auch Deutschland.

Meine Wirtin, Dona Julieta, eine resolute, rüstige ältere Dame, konnte weder Englisch noch Französisch. So begann der Tag bereits am Frühstückstisch, denn dort war sie präsent, fast ausschließlich in Portugiesisch. Die Ausnahme gab es lediglich, wenn ich einem weiteren Gast in dem Haushalt, einer jungen Japanerin, die erst vor 3 Wochen mit Portugiesisch angefangen hatte, ab und zu in Englisch Hilfestellung geben mußte.

Die 3 Wochen in Lissabon waren wunderbar. Auch das Wetter war sehr angenehm, tagsüber mit 20 bis 25 Grad gut auszuhalten, und herrlich die lauen Abende. Ich habe mich für dieses Jahr bereits wieder angemeldet und werde wieder bei Dona Julieta wohnen. Aber dieses Mal trete ich mit dem Unterricht etwas kürzer: 2 Stunden Gruppenunterricht und l Stunde Einzelunterricht müssen reichen. Ich mag Lissabon und möchte diesmal mehr Zeit haben für schöne Unternehmungen. Schließlich wird im Juni in Lissabon wieder ausführlich gefeiert, und auch die Expo ist sicher einen Besuch wert.





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Portugal-Post Nr. 2 / 1998