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Im Haus, wo es kein Brot gibt...

Von José d’Encarnação

Im Portugiesischen gibt es ein Sprichwort – für das es in anderen Sprachen sicher eine Entsprechung gibt – wonach „im Haus, wo es kein Brot gibt, sich alle zanken und keiner Recht hat“. Im Falle der Politik stellen diese gegenseitigen Anschuldigungen das unvermeidliche täglich Brot dar, wenn es einen Regierungswechsel gibt, weil die unpopulären Maßnahmen, die man treffen muss, immer als Folge der schlechten Amtsführung der scheidenden Regierung betrachtet werden.

 

Dies geschieht gerade in Portugal, umso mehr als Europa – und die Welt – sich in einer ziemlich schwierigen wirtschaftlichen Krise befinden, die nicht nur durch die Ereignisse des 11. September (ein ausgezeichneter „Sündenbock“ für viele Dinge) hervorgerufen ist, sondern auch dadurch, dass im Laufe der letzten Jahrzehnte die durch die sogenannte „Globalisierung“ oder weltweit gelenkte „Wirtschaft“ begünstigten finanziellen und wirtschaftlichen Anpassungen den Graben zwischen Arm und Reich erheblich verbreitert haben. Das Schwerwiegende daran ist, dass wenn dieses Phänomen bis vor kurzem weitgehend auf einem persönlichen Niveau existierte, es sich nunmehr auf  Länderebene abspielt mit all den Konsequenzen unerwünschter Bevormundungen und Einmischungen.

 

Die Einführung des Euro, auf der Ebene des täglichen Lebens begeistert begrüßt, hat jedoch mit sich gebracht, dass die wirtschaftspolitischen Maßnahmen fremdbestimmt sind, immer von jemandem, der den Besonderheiten nicht Rechnung trägt. Das ist übrigens das Schlechte – oder das Gute – an der Globalisierung: dass wir auf das abhaben, was insgesamt den Unterschied ausmacht. Ein Gemälde darf nicht einfarbig sein. Und dieses müssten die Regierungen verstehen.

 

Wenn wir uns auf den konkreten Fall Portugal beschränken, ist das Bild mit dem der anderen westeuropäischen Länder identisch: die Arbeitslosigkeit nimmt sehenden Auges zu, weil viele Firmen – sei es wegen schlechter Geschäftsführung oder eher wegen Führungsmaßnahmen, die ihnen von den großen Wirtschaftshaien auferlegt wurden – Konkurs anmelden oder kurz davor stehen, und die ermüdeten Führungskader sich beeilen, ihre Pensionierung einzureichen.

 

Die Konjunktur, unter der die Sozialdemokraten die Macht antraten, als die sozialistische Regierung (Sie erinnern sich) ganz offensichtlich aus Unfähigkeit, die von ihr verursachte Krise zu meistern, zurücktrat, war der schlimmsten eine. Deshalb war es notwendig – wie es immer in Krisenzeiten geschieht – eine „gewichtige“ Person für das Finanzministerium auszusuchen. Die gewählte Finanzministerin, Manuela Ferreira Leite, hat den Ruf einer Frau, die nie lacht und trocken an Leib und Seele ist. Und natürlich musste der von ihr vorgelegte Haushaltsplan notgedrungenermaßen von großer Sparsamkeit sein. In anderen Worten: unpopulär und eine leichte Beute der Opposition. Wir werden sehen.

 

Es beschäftigt uns jedoch der Umstand, dass bei solcher Gelegenheit – und dieser unausweichlich scheinende Fehler wird immer wieder gemacht – die einschneidendsten Kürzungen auf den Gebieten vorgenommen werden, welche die Regierungen (im allgemeinen überwiegend aus „Technokraten“ bestehend, mit der ganzen realen und psychologischen Bedeutungsschwere, die der Begriff beinhaltet) für weniger wichtig halten: die Kultur und die Bildung. Dabei wird leicht vergessen, dass man hier eigentlich ansetzen muss. Eine Person ohne Bildung verschwendet Wasser, verschwendet Energie, ist zügellos in der häuslichen Wirtschaft. Der gebildete Bürger kann sich besser im Leben orientieren, im vollen Bewusstsein, Teil eines Ganzen zu sein, in einem Boot zu sitzen, von dem er möchte, dass es in den richtigen Hafen einläuft.

 

Die Szene in Portugal – z.B. an den Universitäten – ist augenblicklich durch drohende Konflikte geprägt, denn die vorgesehenen Haushaltsmittel wurden nicht nur nicht erhöht, sondern sogar gesenkt. Es ist also heftiger Widerstand vonseiten der Studentenschaft zu erwarten, dem sich diesmal leicht die Dozenten, einschließlich der Rektoren, anschließen werden. Die Beschränkung bei der Einstellung von Personal behindert die Forschung und Lehre, und so öffnet sich ein Teufelskreis, weil sich Armut breit macht und, wie man zu sagen pflegt, der Abgrund nach Abgrund ruft.

 

Wir wollen hoffen, dass die Vernunft siegt und dass die Strenge der Handlungsträger, die nur  Zahlen sehen und nicht den Menschen, mit der Zeit nachlässt. Sollte dies nicht der Fall sein, verheißen die Sterne nichts Gutes. Und was daran so schwerwiegend ist, ist dass mit der sogenannten „Globalisierung“ eine Bewegung hier vor Ort unausweichlich eine Kettenreaktion auslöst.





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Portugal-Post Nr. 20 / 2002