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Baleizão ist rot – die Ermordung der Catarina Eufémia

Von Hans Blume *

Eine der bekanntesten Widerstandsaktionen hat sich in Baleizão abgespielt, in der terra de Catarina, der Heimat Catarinas, wie das Dorf nach der populären Widerstandskämpferin genannt wird. Baleizão mit den weiß gekalkten Lehmhäusern liegt im südöstlichen Alentejo zwischen Beja und Serpa, wo der Blick weit über die jeweilige Ebene geht bis zum Horizont. Stellvertretend für alle Dörfer des Alentejo war Baleizão auch die Heimat des Elends der Menschen, die für Hungerlöhne auf den endlosen Gütern schufteten. Baleizão ist rot – die Erde ist rot von Ton, die geschälten Stämme der Korkeichen sind rot in der Abendsonne, der Boden ist rot vom Blut Catarinas, der Landarbeiterin.

 Baleizão, 19. Mai 1954

An diesem Tage war es endlich gelungen, die Männer und Frauen zu einigen in der Ablehnung der Hungerlöhne, die die Latifundienbesitzer und ihre Beauftragten boten (für Frauen die Hälfte!). Doch auch die Arbeitgeber gaben nicht nach. Einem von ihnen gelang es, eine Arbeitskolonne aus einem Nachbardorf zu verpflichten – der Winter war für die Arbeitslosen doppelt lang gewesen. Daraufhin bewegte sich fast das ganze Dorf Baleizão, Männer, Frauen und Kinder zu den Feldern, auf denen die Arbeit mit Ortsfremden begonnen  hatte. Man verständigte und solidarisierte sich schnell, worauf die Leute aus Baleizão heimkehrten. Doch die Polizeitruppe der GNR, alarmiert durch den Eigentümer, eilte dienstbeflissen herbei und zwang die Auswärtigen zur Arbeit.

 Kaum erfuhren die Baleizoeiros (Leute aus Baleizão) davon, machten sie kehrt, um das Spiel der Mächtigen, das Bündnis von Grundherrschaft und Polizei, zu durchkreuzen. Doch die bewaffneten Handlanger hatten die zur Fronarbeit Verpflichteten eingekreist, um jeden Kontakt mit den Rebellen aus Baleizão zu verhindern. Entschlossen und unnachgiebig setzen die Aufständischen durch, dass eine Abordnung von 15 Frauen (!) mit den Zwangsverpflichteten sprechen darf. Als sich die 15 Frauen von Baleizão der Arbeitskolonne nähern, springt der befehlende Polizeileutnant Carrajola mit einer Maschinenpistole auf die Frauen zu und brüllt die Anführerin, die schwanger ist und ein acht Monate altes Kind auf dem Arm hat, an: „Was willst du, Vieh?“ „Was ich will, ist Brot für meine Kinder,“ antwortet sie unerschrocken. Unfähig zur Antwort und ohnmächtig vor Wut entreißt der Waffenknecht das Kind den Armen der Frau und feuert drei Schüsse auf sie ab. Die kommunistische Landarbeiterin Catarina Eufémia wurde im Alter von 29 Jahren ermordet. Sie hinterließ drei Kinder. Das vierte ging ungeboren mit ihr ins Grab.

 Alentejanisches Lied

 Sie hieß Catarina
Der Alentejo sah sie auf die Welt kommen
Frauen des Hochlandes sahen sie leben
Baleizão sah sie sterben

 Am kühlen Morgen legen Schnitterinnen Blumen auf ihr Grab
Rot ist die Flur
Vom Blut, das damals floss 

 Besänftige die Wut, Land
Dein Weinen hat kein Ende genommen
Wer Catarina sterben sah
Verzeiht dem nicht, der sie getötet hat

 Jene Taube so weiß
Alle wollen sie für sich
Du verbranntes Alentejo
Keiner erinnert sich an dich

 Jene schwarze Schwalbe
Schlägt die Flügel, um zu fliegen
Du vergessenes Alentejo
Eines Tages sollst du noch singen.

        José Afonso, Cantigas do Maio (Mailieder) –

 

Cantar alentejano

 Chamava-se Catarina
O Alentejo a viu nascer
Serranas viram-na em vida
Baleizão a viu morrer

 Ceifeiras na manhã fria
Flores na campa lhe vão pôr
Ficou vermelha a campina
Do sangue que então brotou

 Acalma o furor campina
Que o teu pranto não findou
Quem viu morrer Catarina
Não perdoa a quem matou

 

 Aquela pomba tão branca
Todos a querem p’ra si
Ô Alentejo queimado
Ninguém se lembra de si

 Aquela andorinha negra
Bate as asas p’ra voar
Ô Alentejo esquecido
Inda um dia hás-de cantar

 

Eine ausführliche Darstellung des Schicksals von Catarina Eufémia findet sich bei José Dias Coelho, A Resistência em Portugal, Porto 1974, S.18-23


* Hans Blume lebt in der Nähe von Feiburg.
Seine Portugalerfahrungen, insbesondere mit der Nelkenrevolution, finden Niederschlag in seinem Buch "Portugal braucht Zeit zum Kennenlernen", erschienen im Materialis Verlag, Frankfurt a.M. 1986




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Portugal-Post Nr. 20 / 2002


Denkmal für Catarina Eufémia