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Global Village

Von Luís Carvalho

Es stimmt: immer gibt es etwas zu berichten in unseren Hamburger Stadtchroniken, was perfekt passt...

Ein neues portugiesisches Restaurant (was sonst schon?) hat in der Hafengegend aufgemacht und heißt Aquário. Dem Namen nach muss es sich, soweit ich das verstehe, um ein ordentliches Fischrestaurant handeln. Pustekuchen 1, sagt der Lissabonner, das Aquário ist eher im Stil einer echten finca 2 (!), bietet phantastische tapas 3, ein enormes Angebot von Fleischsorten zum Grillen etc. Es gibt auch Fisch. Es lebe die Globalisierung!

Wir haben nicht nur Restaurants und andere Arten von Imbiss-Stuben, wo nur der Name portugiesisch ist, während der Koch (?) von einer ganz anderen Nationalität ist, die überhaupt nichts mit uns zu tun hat. Jetzt gibt es auch deutsche, spanische, italienische etc. Restaurants, deren maître de cuisine Portugiesen sind. Ganz schönes Durcheinander, nicht wahr?

Ich war z.B. im Estoril, dessen Koch Portugiese ist und der Chef Kapverdianer. Man isst anständig und zu vernünftigen Preisen. Dann sind da die Nachbarn zwischen Baumwall und Landungsbrücken, wo es bei dem einen Pommes frites oder Bratkartoffeln als Beilage zu den gebratenen petingas 4 gibt und wo die Sardinen nach deutschem Gusto gegrillt werden, ohne Geschmack. Und wie die Kneipe Profil, die auch nachts geöffnet hat und bei der nur der Name deutsch ist, denn der Chef ist Armindo und er kocht die Miesmuscheln nach der Art wie in Ericeira. Wegen dieser Dinge (und ich hab noch mehr auf Lager...) macht sich die global city.

Aber da der Mensch nicht vom Brot allein lebt, was werden die Leser, die einen anderen Pass als ich haben (Sie verstehen sicher die Anspielung...), sagen, wenn ich ihnen berichte, dass das zum Vergleich zu Deutschland kleine Land Chile ein Treffen mit dem Namen Chile Poesia auf die Beine gestellt hat, auf dem 12 (!) Dichter von Weltrang auftraten, zu deren Lesungen der Eintritt gratis (!) war und zu denen jedes Mal mehr als 10.000 (!) Zuhörer erschienen?

Es war ein wahres "Bombardement der Poesie", wie ich es in Chroniken formuliert habe, die ich an andere Zeitungen geschickt habe. Dichter wie Nicanor Parra, Ernesto Cardenal, Gonçalo Rojas, Antonio Cisneros, Hans Magnus Enzensberger, Jewgeni Jewtuschenko, Ferreira Gullar etc. waren dabei und bewiesen wie schön Dichtung ist.

Jedes Leid hat einmal ein Ende.., denn im Augenblick haben wir bereits drei Radioprogramme in portugiesischer Sprache. Angedacht ist ein viertes (Literatur) und irgendwann einmal monatlich im Fernsehen! Wieweit noch wird es dieses global village Hamburg bringen?

Anm. der Red. Das monatliche Fernsehprogramm ist schon da! Am 21. Januar wurde zum ersten Mal die Sendung TV Ipanema der brasilianischen Journalistin Hanni Bergisch Koppen, die sich vor kurzem in Hamburg niedergelassen hat, über den Offenen Kanal ausgestrahlt. Die nächste Sendung mit Nachrichten und Spots über Portugal, Brasilien und die portugiesische Szene in Hamburg ist am 22. Februar um 19.30 Uhr im Offenen Kanal zu sehen.


1 Wörtlich: ein Fischei
2 spanisch für quinta, d.h. Hof, Landgut
3 spanisch für acepipes, d.h. Vorspeisen, neudeutsch Antipasti
4 kleine Sardinen




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Portugal-Post Nr. 21 / 2003


Luís Carvalho