Editorial
Liebe Portugalfreunde,
angesichts eines Krieges, der das Leben von Hunderttausenden Unschuldiger
zerstört, fällt es uns nicht leicht, dieses Editorial zu schreiben. Die Regierung
Durão Barroso hat sich gegen den offenkundigen Willen des portugiesischen Volkes in
die kleine Gruppe derer eingereiht, die das Weiße Haus unterstützen und hat sogar
die schöne Insel Terceira (Azoren) dem Trio Bush, Blair und Aznar kurz vor
Ausbruch des Krieges als Treffpunkt angeboten. Im Namen der Demokratie, aber
aus offensichtlichen wirtschaftlichen Gründen heraus, schickt sich eine Großmacht
an, in ein anderes Land einzufallen ohne Rücksicht auf die Menschenrechte und die
auch von ihr unterzeichnete Charta der Vereinten Nationen.
Es gibt auch in der Geschichte Portugals ein Kapitel, wo wirtschaftliche
Interessen zu brutalen Ausschreitungen auf fremdem Territorium führten. Das war
zu Zeiten der Entdeckungen und des Kolonialismus und auch damals gab es hohe
Ideale, die als Vorwand dienten (damals war es noch nicht die Demokratie,
sondern das Christentum). Portugal hat diesen Expansionismus teuer bezahlt und
ist wie andere Großmächte vor ihr (Persien, Ägypten, Griechenland, Rom) in
Mittelmaß und Bedeutungslosigkeit versunken.
In dieser Ausgabe unserer Portugal-Post beschäftigen wir uns - wie
schon in der letzten Ausgabe - mit einer anderen portugiesischen
Expansionsbestrebung, einer friedlichen, einer die ohne Waffen auskommt. Sie
ist eine Erscheinung des 20. Jahrhunderts, die aber nach wie vor unser Leben
prägt. Es ist die Emigration, die dazu geführt hat, dass große Teile der
portugiesischen Bevölkerung - sei es aus wirtschaftlichen sei es aus
politischen Gründen - sich in fremden Ländern niedergelassen haben. Während
in der letzten Ausgabe Hamburg als die größte portugiesische Kolonie
Deutschlands im Mittelpunkt unseres Interesses stand, geht es dieses Mal
in andere Länder wie Frankreich, wo es weltweit die größte portugiesische
Präsenz gibt. Aber wir behandeln auch Themen wie das der zweiten und dritten
Generation, deren Reisen in das Land der Vorfahren, ihre Schulbildung, die
Zweisprachigkeit.
Darüber hinaus informieren wir wie üblich unsere Leser über das
was in unserer Stadt in Sachen deutsch-portugiesischer Austausch passiert
und über die Aktivitäten unserer Gesellschaft. Mit einer neuen Präsidentin
am Steuerruder dürfte unser Bötchen, halb portugiesische Karavelle halb
Hansekogge, in den tosenden und trüben Gezeiten unserer Tage nicht kentern.
Wir laden Sie ein, an den Aktivitäten teilzunehmen, die von uns auf den Weg
gebracht oder unterstützt werden. Das erste große Ereignis dieser Art wird
der Arraial português am 24. und 25. Mai im Museum für Völkerkunde sein.
Bis bald also.
Die Redaktion
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Portugal-Post Nr. 22 / 2003
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"Der Zé Povinho, den bacalhau fest im Griff, vor seiner Hütte zu Füßen des Eiffelturms"
Zeichnung von Elisabeth Axmann - nach dem Film "Fado Lusitano" von Abi Feijó
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