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Der gute Deutsche aus dem barrocal

Von Peter Koj

Nicht alle Deutschen, die sich in den letzten Jahrzehnten an der Costa Vicentina oder im Barrocal, dem Hinterland des Algarve, niedergelassen haben, werden von ihren portugiesischen Nachbarn freundlich angesehen. Sei es durch ihre eher nonkonformistische Lebensweise, sei es durch ihre schlechte Beherrschung des Portugiesischen oder ihre "neo-kolonialistische" Einstellung sind sie zu Fremdkörpern in einer Umwelt geworden, die von sich aus sich keineswegs feindselig gegen Neuankömmlinge zeigt. In der Portugal-Post 19 berichtet Algeth Weerts von Deutschen, die Grundstücke erwerben und diese zuerst einmal einzäunen. Wir haben inzwischen sogar von Fällen gehört, wo Deutsche mit der Flinte "Eindringlinge" bedrohten, die auf den gewohnten Pfaden das riesige Gelände durchquerten, das jetzt den Deutschen gehört.

Dies ist jedoch nicht so im Fall von Raimund Schmitz, Diplompädagoge aus Mettmann bei Düsseldorf. 1980 verließ er Deutschland, um etwas Neues anzufangen. Am Fuße des Monchique-Gebirges, nicht weit von Odiáxere, kaufte er ein Gelände von 30 Hektar auf einem Monte (alentejan. Anwesen, Hof) mit zwei Stauseen. Hier wollte er zusammen mit seiner Lebensgefährtin Johanna Neubauer seinen Traum von einer biologischen Landwirtschaft verwirklichen, in der Ackerbau und Viehzucht integriert sind. Außer den heimischen Gattungen bauten sie auch Arten an, die in der Gegend vorher unbekannt waren. So waren sie die Ersten, die auf dem Markt von Portimão Auberginen und Zucchini u.a. anboten.

Aber im Laufe der Zeit mussten sie feststellen, dass die Arbeit für zwei Leute zu viel war. Täglich ohne Pause 14 Stunden zu arbeiten raubte ihnen jegliche Energie für irgendeine andere Tätigkeit. So gaben sie die intensive Landwirtschaft auf. Während Johanna Neubauer sich für soziale Tätigkeiten engagierte, z. B. die Altenbetreuung, erinnerte sich Raimund Schmitz seiner pädagogischen Fähigkeiten. Er unterrichte an verschiedenen privaten Institutionen, unter anderem dem CLCC in Portimão, daneben gab er auch Privatunterricht. Für diesen Zweck wandelte er einen Flügel des Gehöftes in eine richtige kleine Schule um, in der das ganze pädagogische Material untergebracht war, das er für seinen Unterricht benötigte.

Und als das bekannte St. Nicolaiheim in Sundsacker bei Kiel und andere deutsche Wohlfahrtsinstitutionen ihn um Hilfe baten bei der Erziehung und Resozialisierung von deutschen Jugendlichen mit unterschiedlichen familiären und/oder schulischen Problemen, engagierten die Beiden sich und boten diesen jungen Menschen ein neues Heim, das ihnen den Weg zurück in die menschliche Gesellschaft ebnen sollte. Einige von ihnen entwickelten ein echtes Adoptivverhältnis und selbst nachdem sie sich in Portugal oder in Deutschland wieder niedergelassen haben, geheiratet und eigene Kinder haben, fühlen sie sich nach wie vor mit ihren "Eltern" verbunden.

Mit der dem gebürtigen Rheinländer eigenen Unkompliziertheit hatte Raimund Schmitz keinerlei Probleme, mit der portugiesischen Nachbarschaft ins Gespräch und in Kontakt zu kommen und sich so mit großer Leichtigkeit die neue Sprache anzueignen. Inzwischen macht es ihm sogar mehr Spaß, Portugiesisch als Deutsch zu unterrichten. Besonders konnte er sich für die Unterschiedlichkeit begeistern, mit der die beiden Sprachen sich in bestimmten Zusammenhängen ausdrücken. Und so sammelte er mit der Zeit idiomatische, d.h. typische Redewendungen. Das alphabetische Verzeichnis reicht von "nach rechts/links abbiegen" (cortar/virar à direita/esquerda) bis "in der Zwischenzeit" (entretanto/no entanto/entrementes), über Ausdrücke wie "jdn zum Fressen gern haben" (beber os ares por alg) oder "mit Kind und Kegel" (de mala e cuia) oder "jdn zur Schnecke machen (pôr alg de rastos).

Das Material wäre umfangreich genug, um nach entsprechender Bearbeitung veröffentlicht zu werden. Aber inzwischen wurde die "Idiomatik Deutsch-Portugiesisch" von Prof. Hans Schemann veröffentlicht, der entsprechende Band zur "Portugiesisch-Deutschen Idiomatik", die Hans Schemann mit seiner Frau Luiza Dias bereits in den 80er Jahren veröffentlicht hat. Da der Band nicht für jedermann erschwinglich ist (er kostet mehr als € 100), stellen wir das Nachschlagewerk von Raimund Schmitz in unsere homepage, mit Genehmigung des Autors und ohne Gewähr für den Inhalt.
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Die Brände des letzten Jahres sind leider an dem Grundstück von Raimund Schmitz nicht spurlos vorbeigegangen. Wo sich früher eine grüne Landschaft mit laubreichen Wäldern ausdehnte, bietet sich jetzt eine Mondlandschaft mit verkohlten Baumstümpfen, wobei auch die Schule ein Opfer der Flammen wurde. Von der von der Regierung versprochenen Unterstützung hat Raimund Schmitz bisher keinen Cent erhalten. Aber er lässt sich nicht entmutigen: "Wir machen weiter und krempeln die Ärmel hoch."





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Portugal-Post Nr. 27 / 2004




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Anwesen am Fuße des Monchique-Gebirges




Die ausgebrannte Schule




Das Anwesen nach dem Brand




Raimund Schmitz