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Die Buchhandlung Buchholz in Lissabon

Von Peter Koj

Obwohl die Portugiesen im Ruf stehen, nicht gerade Leseratten zu sein, kann sich Lissabon rühmen, vier ausländische Buchhandlungen zu besitzen: die Livraria Britânica (R. de S. Marçal 83-85), eine spanische Buchhandlung, Alcalá (R. Serpa Pinto 1), das Centro Cultural Brasileiro (Largo Dr. Sousa Macedo 5) und als älteste unter ihnen die Livraria Buchholz in der Rua Duque de Palmela 4. Sie wurde am 22. Juli 1943 von einem deutschen Flüchtling, Karl Buchholz, mitten auf der Avenida da Liberdade gegründet. Für die damaligen Zeit war die Buchhandlung etwas Neues, denn sie besaß außer einem breiten Angebot an Literatur in den verschiedensten Sprachen einen Raum für Ausstellungen von Werken der darstellenden Kunst. Als erster Künstler stellte Carlos Botelho aus, gefolgt von einer ganzen Reihe inzwischen anerkannter Künstler, darunter der Hamburger Hein Semke, der sich 1929 in Lissabon niederließ.

Lissabon war 1943 nicht nur ein Schutzhafen für viele vor dem Nazi-Regime flüchtende Deutsche, es war unter dem Deckmantel der Neutralität der Salazar-Regierung zugleich ein Treffpunkt der deutschen Geheimagenten. So zog es Karl Buchholz vor, nach Kolumbien weiterzuziehen, wo er auch eine Buchhandlung eröffnete. Heute gibt es in Bogotá derer drei, die nach dem Tode von Karl Buchholz (1992) in den Besitz seines Sohnes Albert übergegangen sind. Die Buchhandlung in Lissabon wurde einer deutschen Geschäftsführerin, Katharina Braun, überlassen. D. Katharina wurde wegen ihrer Kompetenz und ihres Wissens geschätzt, gleichzeitig gefürchtet wegen ihres etwas rauen Äußeren und ihrer Launenhaftigkeit.

Die Buchhandlung Buchholz wurde sehr früh zu einer Kultstätte, vor allem nachdem sie 1965 in die neuen großzügigeren Räumlichkeiten in der Rua Duque de Palmela in unmittelbarer Nähe zum Marquês de Pombal umzog. Zu ihren treuen Kunden zählen Politiker wie Mário Soares, Jaime Gama, Freitas do Amaral, António Barreto und Schriftsteller wie die bereits verstorbenen Cardoso Pires, Al Berto und Jorge Amado, wenn er in Lissabon Station machte. 1983 wurde Katharina Braun nach 40 Dienstjahren von einer anderen Deutschen abgelöst, Karin Ferreira. Ihr ist es gelungen, die Buchhandlung zu einem gastfreundlichen Ort zu gestalten, wo die Besucher auf drei Stockwerken nach Herzenslust blättern können, Schallplatten hören oder sogar einen Kaffee trinken. Buchholz hat sich spezialisiert auf klassische und ethnografische Musik Portugals.

In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass Porto, wenn auch in sehr viel bescheidenerem Rahmen, eine deutsche Buchhandlung besitzt, die Bücherstube. Sie wurde 1993 von einer Finnin gegründet, der in Berlin ausgebildeten Bibliothekarin Hilkka Geyssel. Die Bücherstube ist in zwei Zimmern ihrer Wohnung in Foz (R. de Diu 158) untergebracht und ist für den Publikumsverkehr dreimal wöchentlich geöffnet (Di - Do, 9 - 12, 15 - 19 Uhr). Beide Buchhandlungen haben trotz der Konkurrenz der großen Ketten wie Fnac und der Internet-Anbieter wie Amazon nichts zu fürchten. Sie sind Oasen für Residenten und Touristen, die sich einen Sinn für etwas Besonderes und Persönliches bewahrt haben.





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Portugal-Post Nr. 28 / 2004