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Rezension:
António Lobo Antunes, Guten Abend ihr Dinge hier unten

Von Peter Koj

Mit seinem neuen Roman stellt Lobo Antunes seine Fangemeinde auf eine harte Probe. Sie hat sich zwar allmählich an seine eigenwillige und innovative Erzählweise gewöhnt, in der sich keine linearen Handlungsabläufe finden und in der die Geschehnisse aus der Sicht der Romanfiguren dargestellt werden oder sich nur in ihren Empfindungen spiegeln. Auch dass nie direkt angezeigt wird, wer nun gerade spricht oder denkt oder fühlt, kann den trainierten Antunesleser nicht mehr schrecken. Der Handlungsablauf ließ sich bei den früheren Romanen aus dem Zusammenhang heraus mehr oder weniger leicht erschließen. In Antunes' neustem Werk sind die einzelnen Versatzstücke jedoch so fragmentarisch, dass sich der Fleckerlteppich des Geschehens nur mühsam zusammenfügt.

Es geht, grob gesagt, um das Angola nach Beendigung des Kolonialkriegs. Alte Rechnungen werden beglichen; insbesondere geht es um versteckte Diamanten. Verschiedene Agenten werden angesetzt, um diese aus dem Lande zu schaffen. Die meisten der Beteiligten, Agenten wie Zielpersonen, kommen dabei ums Leben. So rechnet Lobo Antunes ein weiteres Mal mit dem ehemaligen portugiesischen Imperium ab und schreibt sich die Schrecken des Kolonialkrieges, die er als junger Arzt an der Front erfahren musste, von der Seele.

Dass der Autor es nicht nur seinen Lesern schwer macht, sondern sich selbst auch, gibt er (augenzwinkernd?) zu, als er im 6. Kapitel des 1. Buches stöhnt: "wie schwierig dieser Roman doch ist, er gehorcht nicht, beugt sich nicht". Dass der deutsche Leser trotz dieser Schwierigkeiten nicht aufgibt, ist das Verdienst der Übersetzerin. Maralde Meyer-Minnemann gelingt es, die antunische Diktion kongenial ins Deutsche zu übertragen. Nehmen Sie sich also viel Zeit für die über 740 Seiten und bringen Sie eine gehörige Portion Geduld und Einfühlungsvermögen mit. Sollte Lobo Antunes allerdings Neuland für Sie sein, rate ich Ihnen, eher zu einem seiner früheren Roman zu greifen.





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Portugal-Post Nr. 32 / 2005