Martinhal Resort (Sagres) -
Die luxuriöse Art, die Costa Vicentina zu zerstören
Von Peter Koj
"Wenn Sie ein Haus kaufen möchten, müssen Sie sich bald entscheiden. Die Häuser mit Meeresblick
sind schon fast alle verkauft." Flávia Graça, eine junge Schönheit mit brasilianischem Akzent,
führt mich durch das Sales Centre wenige Meter von der Praia do Martinhal entfernt. Sie erklärt
mir das Modell mitten in dem kleinen Pavillon, lobt die Schönheit der Lage, die Qualität der
Baumaterialien und wie leicht sich der Kauf durch einen part-time Vertrag finanzieren lässt.
Die Preise gehen von 370.000 Euro für einen Bungalow mit einem Schlafzimmer bis zu 650.000 Euro für
eine Prachtvilla mit drei Schlafräumen. Betreiber des Projekts sind Nigel Chapman und Nicholas Dickenson
(Luxury Family Hotels) und es umfasst außer den Bungalows und Villen ein 5-Sterne-Hotel, einen
Beach Club, Tennisplätze und einen Kinderspielplatz.
Kein Wort darüber, dass das Projekt mitten in einem Naturpark entsteht, direkt auf Felsklippen,
die immer stärker absturzgefährdet sind. Der Bebauungsplan zieht sich schon seit vielen Jahren hin.
Als wir vor 30 Jahren zum ersten Mal Ferien an der Praia do Martinhal verbrachten, war es ein ziemlich
verlassener Ort. Dort, wo jetzt der Martinhal Resort entsteht, gab es lediglich ein Motel
(Gambozinos), das wegen der ausbleibenden Kundschaft sich mit großen finanziellen Problemen
herumschlug. Der Rest war Landschaft: ein ausgedehnter Strand mit Dünen, einer ria
(Mündung eines Baches), die im Sommer zumeist ausgetrocknet war, und auf der Hochfläche eine karge Vegetation.
Nichts im Vergleich zu der üppigen Vegetation im weiter östlich gelegenen Algarve, sagen wir
ab Lagos. Diese Kargheit, zusammen mit den niedrigen Wassertemperaturen (selten höher als 17, 18 Grad)
und dem Nordwind, der in den Sommermonaten mit besonderer Stärke über diese südwestlichste
Ecke unseres Kontinents fegt und den Badegästen Sand in die Augen treibt, hat zur Folge, dass Sagres
schon immer eher ein Ziel für die Kernigen ist. Oder für die Fans der portugiesischen Geschichte,
die andächtig das Promontorium Sacrum betreten, voller Bewunderung für Heinrichs des S
eefahrers "Schule von Sagres", die - wie die Historiker sagen - in dieser Form nie existiert hat.
All das hat die Begierde einiger Bauhaie jedoch nicht dämpfen können. Sousa Cintra, dem wir
andere Verschandelungen der Landschaft verdanken (Vale de Telha bei Arrifana), kaufte das ganze Gelände
zwischen der Praia do Martinhal und dem Ortsrand auf, um ein großes touristisches Projekt mit Golfplätzen
etc. aufzuziehen. Aber der damalige Bürgermeister von Vila do Bispo, António Spínola (PC),
vereitelte das Vorhaben und seitdem ziert eine wellblechgedeckte Hütte inmitten von Bauschutt und
Alteisen die Landschaft.
Auf der anderen Seite der ria wurde zu Beginn der 90er Jahre ein ordentliches Straßennetz gelegt mit
Bürgersteigen, Gullys und hohen Laternen, wie es in der gesamten Ortschaft Sagres nicht existierte.
Diese ersten Vorboten einer Urbanisation alarmierten mich und ich veröffentlichte unter dem Titel
Dunkle Wolken über Sagres einen längeren Artikel im Portugal-Magazin, Vereinszeitschrift
der Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft (Ausgabe 3+4, 1993). Meine damaligen Versuche, gründlicher zu
recherchieren, schlugen fehl, denn Auftraggeber der Bauarbeiten war eine off-shore Firma ohne feste
Adresse und die angegebene Internetadresse zeigt nur ein Emblem der Firma ohne weitere Informationen.
Inzwischen, Ende 1995, erlangte der Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina Gesetzeskraft.
Seine Statuten untersagten Großprojekte, d.h. mehr als 2stöckige Bauweise, in einem Küstenstreifen
von zwei Kilometern Breite, der von S. Torpes (bei Sines) bis Burgau (zwischen Sagres und Lagos) reicht.
Und alle, außer den Bauhaien natürlich, atmeten erleichtert auf. Portugal schien seine Lektion gelernt zu haben.
Nachdem man den Goldesel, den Algarve, umgebracht hatte, schien man jetzt entschlossen, das letzte Paradies,
die Costa Vicentina, retten zu wollen (dazu mein Artikel Paradise Revisited in der No. 52 der
Zeitschrift tranvia, nachgedruckt in der Portugal-Post 7).
Doch die Freude währte nicht lange. In den allerletzten Jahren wurden eine Reihe von abgelehnten
Projekten wieder aus der Schublade geholt, und dieses Mal stießen sie auf wenig Widerstand der Kommunalpolitiker.
Die Politiker konnten sich sogar rühmen, im nationalen Interesse zu handeln, da die Naturparkstatute
ausgehebelt werden durch die sogenannten Projectos de Interesse Nacional. Was zu einer weiteren
nach Geld riechenden Abkürzung führt (PIN), so wie die OPA.
Als wir nach zweijähriger Abstinenz im letzten Juni an die Praia do Martinhal zurückkehrten,
waren wir wie vom Schlag gerührt, nicht nur durch das Martinhal Resort Projekt, sondern auch durch
die Bebauung etwas weiter bergauf, aber noch immer deutlich innerhalb der 2-Kilometer-Grenze. Es handelt
sich um Fertigbauten (einer Firma mit Namen Luso-Alemã!), die von einer unbeschreiblichen
Hässlichkeit und Brutalität sind. Werden nun auch die Silberesel getötet?
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Portugal-Post Nr. 37 / 2007
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Reihenhaussiedlung auf der Rückseite des Martinhal Resort
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