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Essa nossa ditosa língua XXIV
Zeigt her eure Füße - Eine kleine portugiesische Lexis der Körperteile *

Von Peter Koj

Ähnlich wie die Vertreter anderer romanischer Sprachen (Franzosen, Italiener, Spanier) besitzen die Portugiesen eine ausgeprägte Körpersprache. Es sind wortlose Signale zur raschen Kommunikation, dem Ausländer nicht gleich verständlich und in keinem Lexikon nachzuschlagen. So, wenn ein Portugiese die beiden gestreckten Zeigefinger T-förmig aufeinander stellt, um anzudeuten, dass etwas nur eine Minute dauert, z.B. den Wagen zu parken. Oder wenn er mit dem Daumennagel an dem des Zeigefingers derselben Hand schnipst als Zeichen für lucro (Gewinn), oder er sich am Ohrläppchen zupft, um seiner Genugtuung über das gute Essen Ausdruck zu geben (ein noch höheres Lob bedeutet es, wenn er den Arm hinter den Kopf legt, um am gegenüberliegenden Ohrläppchen zu zupfen).

Doch auch bei den Bezeichnungen für die verschiedenen Körperteile gibt es Besonderheiten gegenüber dem Deutschen. So unterscheiden die Portugiesen beim Ohr zwischen orelha (das äußere Ohr) und ouvido (das innere Ohr) und beim Haar zwischen cabelo (Kopfhaar) und pêlo (Körperhaar). Umgekehrt gibt es im Portugiesischen nur einen Begriff für Finger und Zehe: dedo (zur besseren Unterscheidung dedo da mão, Finger, und dedo do pé, Zehe). Bei einigen Körperteilen, bei denen wir ein zusammengesetztes Wort (Kompositum) benötigen, verfügt das Portugiesische über einen einfachen Begriff: Handfläche (palma), linke Hand (canhota), Ellenbogen (cotovelo).

Apropos cotovelo. Er ist der Sitz der Eifersucht (dor de cotovelo, eigentlich Ellenbogenschmerz) und, indem man auf den angewinkelten Ellenbogen tippt, weist man den Anderen wortlos darauf hin, dass es sich hier wohl um eine Frage des Neides oder der Eifersucht handelt. Kurios ist auch, dass manche Partien des Körpers wiederum eigene Körperteile besitzen. So hat der Fuß eine Brust (o peito do pé, Fußspann), das Bein einen Bauch (a barriga da perna, die Wade), der Magen einen Mund (a boca do estômago, die Magengrube) und die Augen haben - sehr anschaulich! - Doppelkinne (os papos dos olhos, die Tränensäcke).

Bei der überbordenden Sprachphantasie des Portugiesischen, die ja bekanntlich eine der wortreichsten Sprachen ist, verwundert es nicht, dass es für die Körperteile eine Fülle expressiver und amüsanter Bezeichnungen gibt. Das gilt besonders für den Kopf (bola, cachimónia, cachola, caixa-dos-pirolitos, coco, cuca, mona, pinha, testo, tola), ganz zu schweigen von den Genitalien. Besonders zur Bezeichnung von zu großen Körperteilen gibt es eine Reihe bildhafter Ausdrücke. So werden große Ohren zu abanos (Fächer), eine große Nase zur penca (dickes Kohlblatt), ein großer plumper Fuß zur chanca (grobes Schuhwerk, Holzpantinen). Die Hühneraugen heißen bicos de papagaio (Papageienschnäbel); umgekehrt sind die "Rebhuhnaugen" (olhos de perdiz) eine Bezeichnung für die calos, die Schwielen an den Füßen. Und wo wir schon dabei sind: hier ein aufmunternder Begriff für die vom Fußpilz Geplagten: Sie haben um pé de atleta, einen Athletenfuß.

Und hätten Sie gewusst, was die Portugiesen mit einer espiga (Ähre) meinen? Es ist der Hautrand am Nagelbett. Oder die cova-do-ladrão, die Diebeshöhle? Sie bezeichnet - sehr plastisch, wie ich finde - den Teil des Nackens unter dem Haaransatz, dort, wo das Diebesgut ein gutes Versteck hat. Besonders gefällt mir der Kinderreim mit lustigen Bezeichnungen für die fünf Finger, angefangen beim kleinen Finger: mindinho (eigentlich miudinho, Winzling), seu vizinho (sein Nachbar), pai de todos (Vater von allen), fura-bolos (Kuchenbohrer) und, für den Daumen, mata-piolhos (Läusetöter).

Unzählig sind die idiomatischen Wendungen und sprichwörtlichen Redensarten, bei denen sich die Portugiesen bestimmter Körperteile bedienen. Sie bringen einen bestimmten Zusammenhang sehr anschaulich zum Ausdruck, wobei sie sich von den entsprechenden deutschen Ausdrücken häufig auf sehr charakteristische Weise unterscheiden. In der nächsten Ausgabe sollen die originellsten vorgestellt werden.


* Die deutsche Fassung dieses Artikels erschien bereits im März dieses Jahres in der Zeitschrift ESA (Entdecken Sie Algarve).






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Portugal-Post Nr. 38 / 2007