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Schomberg schätzte schon 1660 die portugiesische Küche

Von Volker Gold *

Herzog Friedrich Graf von Schönburg - besser bekannt als "Schomberg" - ist eine der herausragenden Figuren der portugiesischen Unabhängigkeitskriege. In den 8 Jahren seines Portugalaufenthaltes entwickelte der Söldner-General eine starke Zuneigung zu seiner neuen Heimat, die auch durch den Magen ging. So lesen wir über ein Galadiner bald nach seiner Ankunft in Portugal:

Später bei Tisch fand Schomberg bestätigt, dass auch die Portugiesen der gehobenen Gesellschaft zum Einzelplatz mit Porzellanteller und Messer und Gabel übergegangen waren, ganz so, wie dies auch in Paris bei Hof schon länger Mode war. Nach einigen abgekochten, sehr frischen Riesengarnelen, die er auch schon kannte und mit Appetit essen konnte, auch wenn er die Mahón-Soße vermisste, wurde eine Suppe vorgesetzt, die gänzlich trübe war, aber angenehm gemüsig duftete und - wie man ihm versicherte - nebst fein geschnittenem Kohlgemüse auch schon gekochte Bataten, fein püriert, enthielt. Danach wurde ein gegrillter Fisch serviert, vermutlich eine Dorade, die mit Kopf, aber gänzlich nackend daher kam. Sein Tischnachbar bemerkte seine suchende und abwartende Haltung, wünschte auffordernd guten Appetit und machte sich grobschlächtig über seinen gegrillten Meeresbewohner her. Als Schomberg fragte, ob nicht noch etwas hinzukäme, wurde ihm versichert, dass Portugiesen Fisch so am meisten liebten. Überhaupt sei es portugiesische Art, ergänzte seine Tischnachbarin, die Gemahlin des Conde de Soure, D. Francisca de Noronha, Hauptspeisen einfach und ohne Dekoration oder gar Gemüse zuzubereiten, nämlich ganz auf die Frische des Fisches oder des Fleisches vertrauend und dessen Eigengeschmack suchend. Ob er diesen Vorzug schon realisiert habe? Gewiss, so Schomberg höflich, doch meine er, im Fisch, den er inzwischen schon sachgerecht zergliedert und von dem er einige Bissen in den Mund geführt hatte, dennoch entgegen dieser erklärten portugiesischen Sitte etwas scharfen Lauch entdeckt zu haben. Indessen war Weißwein nachgeschenkt worden, von dem der charmante Gast aber nur wenig kostete. Lieber hielt er sich aus guten Gründen an das Wasser in der porösen Tonkaraffe. Er nahm sich inwendig vor, ein solch kühlendes System, púcaro genannt, auf seinen Reisen im Alentejo mitführen zu lassen.

Als dann auch noch ein Fasan und danach gar noch eine Wildschweinkeule aufgetragen wurden - die Jagd war um diese Zeit voll im Gange, und es hieß, sowohl das Feder- als auch das Borstenvieh kämen aus dem königlichen Forst von Salvaterra -, da musste Schomberg bei aller Liebe und Bereitschaft, sich auf die Sitten des Gastlandes einzulassen, einfach passen. Hier kam ihn diese selbst auferlegte Zurückhaltung schwerer an als am Hof des jungen französischen Louis, wo man die Essgewohnheiten der puritanischen Protestanten kannte und einfach tolerierte. Während sich seine Tischgenossen an den weiteren Hauptspeisen gütlich taten, unterhielt er sie derweil mit Schnurren von Unterwegs, deren er etliche auf Lager hatte. Als sie geendet hatten, wählte er für sich noch eine frische Orange, die vor seinen Augen sehr kunstfertig und mundgerecht zerlegt wurde und aus dem Königreich Algarve stammen sollte, wo gerade Erntezeit sei.

Inzwischen war Schomberg schon mehrfach befragt worden, wie wohl die Küchen der Länder, die er schon durchreist habe, verfasst seien und wie deren Speisen konvenierten. Er musste natürlich einräumen, dass er in erster Linie Soldat und die mitgeführten Feldküchen immer besonders seien, je nachdem, was gerade fassbar sei. In der Regel habe er für sich immer ein halbes Huhn - gekocht oder gebraten, für das Zweckmäßigste gehalten, um sich ausreichend und bekömmlich zu versorgen. Eines Huhnes würde man unterwegs immer habhaft werden, merkte er unter Gelächter an. Auch bei Hofe und in den Häusern des hohen europäischen Adels habe sich die Küche etwas uniformiert, jedoch auf sehr hohem Niveau, wie hierzulande auch, nur etwas prunkvoller und mit Schaueffekten versehen, auf die er jedoch gut und gerne verzichten könne. Was man sich darunter denn vorstellen solle. Schonberg, der leicht unkonzentriert nun doch beim dritten Glas Wein war, das man ihm nachgeschenkt hatte und schon ansatzweise degagiert, schilderte im Folgenden die Kunst der Köche in Frankreich, aus Kohlblättern lebensecht wirkende Frösche zu formen, die auf die reichen Platten postiert würden. Ihm fielen auch gebratene Lerchen und Drosseln ein, die einem Blumenbeet entnommen werden könnten und auch, dass Gäste genarrt werden könnten, indem man beispielsweise gebackene Morcheln aus Kälberlunge simulierte, so dass es allemal lange Gesichter gab, die sich anschließend in großem Gelächter auflösten. [...]

In deutschen Landen wie auch südlich der Alpen verwende man gerne die heimischen Kräuter, die man im Garten halten kann. So erinnere er sich gerne an Kerbelsuppen, die ihm seine Frau gekocht habe, wenn er auf seinem Gut verweilte. Dennoch könne er nun hier in Portugal feststellen, dass es neben Salz und wenig Pfeffer auch ganz ohne aufwendige Würzung gehe und die Suche nach dem wahren Geschmack einer Speise hier erfolgreicher verlaufen könne. Respekt! Ohne das Essen begleitende Musik und szenische Aufführungen könne man insgesamt konzentrierter dinieren und die Unterhaltung pflegen.

Wenn er ganz ehrlich sein dürfe, würde er die Frage, wie ihm das Essen hier konveniert, so beantworten, dass ihm die portugiesische Küche sehr entgegen komme, zumindest die am heutigen Abend genossene, da er auch das Essen der Gestaltung eines vernünftigen Lebens unterordne und die Kochkunst der Arzneikunst dienend zur Seite gestellt sehen möchte. Eine Morgensuppe mit Zerealien, ein stärkendes, aber nicht belastendes Mittagsmahl auf portugiesische Art und hie und da der Luxus eines Kaffees - dem könne er in der Regel nicht widerstehen, mache er den Geist doch auch wach für seine Angelegenheiten. Auf diese Weise könne er es noch lange in diesem Lande aushalten. Vielleicht am späteren Abend noch ein Glas guten Rotweins, wenn die Situation es erlaube, damit könne er dann hoch zufrieden sein und sich zur Ruhe begeben, was er nun auch - mit Verlaub - zu tun gedenke.


* PHG-Mitglied Volker Gold lebt in Landsberg am Lech und in Quelfes/Olhão (Algarve). Er ist Autor zweier Bücher über den Algarve und hat zu unserer letzten Ausgabe einen Artikel über die Düneninseln der Algarveküste beigesteuert. Der vorliegende Text ist ein Auszug aus einem Buch Schomberg im Alentejo 1660-1668. Es erscheint im nächsten Frühjahr als Privatdruck und ist zum Selbstkostenpreis über den Autor erhältlich: Volker.Gold@t-online.de.






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Portugal-Post Nr. 39 / 2007


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