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Ursprung und Verbreitung der portugiesischen Gitarre

Von Peter Koj

Der Fado ist ohne die portugiesische Gitarre (a guitarra) nicht denkbar. Sie hat gegenüber der klassischen oder auch spanischen Gitarre (a viola) einen bauchigen und damit sonoreren Klangkörper, und vor allem hat sie 12 Saiten (d.h. 6 doppelt in Oktaven oder unisono gestimmte Saiten), durch deren geschickte Manipulation, vor allem vibrati und glissandi, der Gitarrist das Instrument zum Singen bringt. Das ist besonders wichtig beim getragenen Fado ( sentidofado), wo die Gitarre förmlich schluchzt und damit den Fadosänger mächtig darin unterstützt, bei seinem Publikum diese wohlig-traurige Stimmung zu erzeugen, die in Verflachung des Begriffs gerne als saudade bezeichnet wird.

Die eingangs aufgestellte Behauptung lässt sich allerdings nicht umkehren, d.h. die portugiesische Gitarre ist sehr wohl ohne Fado denkbar. Das zeigt schon die Geschichte dieses Instruments, die sehr viel älter ist als die des Fado. Während es Fado erst seit knapp 200 Jahrhen gibt, lässt sich die Entwicklung der portugiesischen Gitarre bis in das Mittelalter zurückverfolgen. Die sogenannte cítola war damals das übliche Begleitinstrument für die iberischen Troubadoure und Bänkelsänger. In der Renaissance war es das in Europa verbreitetste Instrument und lief unter einem vom griechischen kithara abgeleiteten Namen: im französischen cistre, im englischen cittern oder cither(n), im deutschen Zither.

In Portugal hieß es damals cítara und erst im 18. Jahrhundert wurde daraus guitarra. Selbst wenn sich die Instrumente in den verschiedenen Ländern unterschiedlich entwickelt haben (in Deutschland/Österreich ist daraus ein Brettinstrument mit bis zu 37 Saiten geworden), so lässt sich eine gewisse klangliche Ähnlichkeit mitunter noch heute feststellen. Die guitarra portuguesa entwickelte sich zum Volksinstrument par excellence. Sie war vor allem in einem männlichen Ambiente anzutreffen, so in Kneipen und beim Barbier. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts konnte man in Portugal in Frisörläden eine Gitarre vorfinden, auf der sich die Kunden die Wartezeit verkürzten oder der Besitzer zwischendurch einen zum besten gab.

Die guitarra portuguesa war überall in Portugal anzutreffen bis hin zu den Inseln und im Gegensatz zum Fado, der ein ein urbanes, genauer gesagt Lissabonner Phänomen ist, vor allem auf dem flachen Land. Es war das klassische Instrument, wenn zum Tanz aufgespielt wurde und wurde in dieser Funktion erst im Laufe des 19. Jahrhunderts vom Badoneon, bzw Akkordeon abgelöst. Es war auch das typische Begleitinstrument, mit dem die (blinden) Bettler durch das Land zogen.

Eine besondere Entwicklung nahm die portugiesische Gitarre in Coimbra. Dort ist sie größer und runder als der im Fado verwandte Typ und zudem einen Ton tiefer gestimmt. Dadurch entwickelt sie eine größere Klangfülle und eignet sich eher für konzertante Zwecke, sei es zur Begleitung des sog. Coimbra-Fado, der eigentlich kein Fado ist, sondern in die Belkanto-Tradition der Serenade gehört, sei es als Solo-Instrument. Große Namen sind António Portugal, António Pinho Brojo, dessen CD «Memórias de uma Guitarra» (1997) als vorbildlich gilt, und der schwer erkrankte Carlos Paredes, der wohl nie mehr seine begnadete Kunst wird vorführen können. Die bekanntesten Sologitarristen aus dem Lissabonner Bereich sind António Chainho und Pedro Caldeira Cabral, der mit seiner ausgefeilten Technik als der Nachfolger von Carlos Paredes gilt.





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Portugal-Post Nr. 9 / 2000