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Homo lusitanus telemobilis

Von Peter Koj

Eine neue Spezies Mensch, bzw. Mann scheint sich in Portugal allmählich herauszumutieren. der homo lusitanus telemobilis. Besonderes Kennzeichen: er verfügt für die üblichen Tätigkeiten des Alltags wie Essen, Trinken, Auto fahren, Frauen streicheln, Kinder schlagen, Haare kämmen etc nur noch über einen Arm. Der andere Arm ist ständig dadurch okkupiert, dass an seinem unteren Ende — auch „Hand“ genannt — ständig ein Handy (telemóvel) installiert ist.

Zu der Gattung homo lusitanus telemobilis gibt es noch eine Untergattung: den homo lusitanus telemobilis nicotinus. Ihn zeichnet eine besonders kräftige Greifhand aus, da diese neben dem Handy noch eine Zigarettenschachtel umklammern muß, zeitweise auch noch ein Feuerzeug (dieses wandert, nachdem die ersten beiden Zigaretten geraucht wurden, allerdings in die Schachtel).

Die Spezies homo lusitanus telemobilis mit seiner Subspezies homo lusitanus telemobilis nicotinus tritt vor allem in den Metropolen Lissabon und Porto auf, wo es inzwischen als schick und ganz natürlich angesehen wird, dass „Mann“ mit telemobilem Arm nicht nur im Auto und auf der Straße erscheint, sondern auch im Café, im Restaurant, sogar im Kino, im Theater und im Konzert.

Auf dem flachen Lande ist sie weniger vertreten. Hier ist es üblich, sich das Handy lässig wie einen Colt an den Gürtel zu hängen. Diese ländlichen Telekom-Rambos bleiben also weiterhin im Besitz ihrer natürlichen Beidarmigkeit, wohingegen die Atrophie des telemobilen Arms in den größeren portugiesischen Städten unaufhaltbar scheint.

Bösartigen Gerüchten, dass portugiesische Biogenetiker damit beschäftigt seien, dem homo lusitanus einen dritten Arm zu klonen, der nur zu telemobilen Zwecken nutzbar ist, müssen wir allerdings energisch widersprechen. É o que faltava!

Diese Glosse schrieb unser Kulturreferent, als er vor vier Jahren d.h. als Handys hierzulande noch eine Seltenheit waren, vom portugiesischen Germanistenverband zu einem Vortrag an die Universität Porto eingeladen wurde und er sich darüber ärgern musste, dass seine lichtvollen Ausführungen ständig unterbrochen wurden, weil in einer der Kollegtaschen der zahlreich erschienenen Studenten der Jingle von Handys losging. Inzwischen sehen sich die Verantwortlichen von kulturellen Veranstaltungen in Portugal genötigt, vor Beginn der Vorstellung das verehrte Publikum zu bitten, ihre Handys abzustellen. Oder das Mitbringen von Handys ganz zu verbieten, wie z.B. die Aufschrift an dem Eingang zur Kathedrale von Funchal (Madeira) zeigt.

Selbst das Klonen eines dritten Armes würde heute in Portugal nicht mehr viel nützen. denn inzwischen sind viele Portugiesen im Besitz mehrerer Handys, um preisgünstiger innerhalb der Binnentarife der verschiedenen Anbieter telefonieren zu können. Und so kann man durchaus Szenen erleben, wie portugiesische Gäste in einem Restaurant, bevor sie die Speisekarte verlangen, erst einmal drei, vier Handys neben sich auf den Tisch legen. Wenn das so weiter geht, könnte der «polvo» (Krake/Oktopus), der ja bekanntlich über acht Arme verfügt, bald zum Wappentier der Portugiesen avancieren.





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Portugal-Post Nr. 11 / 2000