Streifzüge durchs portugiesische Hamburg III
Von Luís Carvalho
Zusammen mit meinem Freund Oliveira von Portugal 82 (im
November 2001 kehrt er endgültig nach Lamego zurück) zog ich in die Bar der Retalhos
de Portugal, um einen Portwein Vintage zu mir zu nehmen. Dort stießen wir
auf Elias Balão, einen Freund aus den Anfängen der Associação Portuguesa
de Hamburgo (APH), damals noch in der Langen Reihe, später in der
Spaldingstraße und jetzt in der Heinrichstraße (wie lange noch?). Wir genossen
es, denn diese Treffen rufen die Vergangenheit wach und geben uns neue Kraft. Da
ich kein „Bankier“ bin (obwohl ich eine kleine Bank habe, um den Fuß zum
Schuhe anziehen darauf zustellen, weil das Alter und der Bauch keine andere
Stellung gestatten), pflege ich zusagen: portugiesischer Emigrant, halte in
Zeiten der Wahl die Augen offen und stell deine Forderungen! Wenn du wählst, fällt
deine Stimme ins Gewicht. Schluss mit den Versprechungen!
Ich war in der Transmontana No.1 (inzwischen
gibt es drei...) ein pastel essen und den standesgemäßen galão
zu trinken. Und wie immer, eine Schlange bis nach draußen. Zu Recht wird
Oliveira „der König des pastel de nata“ genannt. Auf dem Rückweg
vom FSK-Radio, wo ich im Rahmen des Programms INFOBRASIL (jeden dritten
Donnerstag des Monats von 19 bis 20 Uhr) über den Tod des Dichters Egito Gonçalves
sprach und seine Gedichte „Nachrichten aus der Blockade“ und „Das Salz des
Lebens“ las, kam ich bei der Sépia von Faísca vorbei, aber habe dann
schließlich die berühmte Fischsuppe im O Petisco gegessen (die Terrine
reicht für zwei). Bei schönem Wetter ist das eine tolle Ecke (Rote Flora usw.).
Ich zog weiter und nahm im M.I.P (Made in Portugal) von Fátima
Amorim eine bica (Espresso) und einen bagaço (Tresterschnaps) zu
mir. Sie macht tüchtig Umsatz, doch das geht wegen der sympathischen Bedienung
und der Qualität der Produkte in Ordnung. Und wenn man Glück hat (ich hatte
es!), trifft man Nena (die mit den 99 Luftballons). Weiter ging’s bis
zur APH, aber ich ging nicht rein, denn das war zuviel für mich. Falls Sie
nicht informiert sind, erzähle ich Ihnen die Geschichte ein andermal.
Ich lass ja nicht locker, und so startete ich neulich auf
einen neuen Rundzug, ausgehend von der U-Bahn Feldstraße. Vorbei an dem
inzwischen geschlossenen Café von ehemals Paula zog es mich bis zum Laden von
Tonecas (wie ihn seine Freunde nennen) oder Fonseca (wie ihn die Kundschaft
nennt), um einen kleinen Happen zu nehmen und ein paar Gläschen zu trinken.
Wichtig ist jedoch, an dem für unsere Kolonie so heilsamen Klatsch teilzuhaben.
Die anderen machen dasselbe, bloß in einer anderen Sprache. Was wären meine
Streifzüge ohne dieses Gewürz? Schade, ich traf weder Rufino noch Lourenço.
Bacalhau taucht da auch nicht mehr auf. Er ist wohl einen Schritt zu weit
gegangen; deswegen “Vorsicht, bissiger Hund!“ Dann war ich zum ersten Mal in
der Colmeia, wo die Sandwiches und der Cappuccino billiger als anderswo
sind. Sie liegt am Neuen Pferdemarkt und hat einen ersten Stock mit Rundblick.
Zufällig kam ich am Flohmarkt in der Stückenstrasse, ungefähr 300m von der
U-Bahn Dehnhaide entfernt, vorbei und entdeckte das Café Viriato (es
hatte gerade am Vortag neu-eröffnet). Das Besitzer-Ehepaar, junge Leute aus
Viseu, sind sympathisch und die Örtlichkeit ist sehr hübsch. Im Sommer wird es
ein Straßencafé mit kleinen Gerichten geben. Sie erwarten ein Baby (das
erste!) und so wünscht ihnen die Portugal-Post alles Gute!
Ich erhielt eine Einladung (toll, nicht wahr?), und
so fuhr ich mit meinen Enkeln Laura Sofia (geb. am 31.12.1996) und David Leandro
(wurde am 16.5.01 ein Jahr alt) in
einem Seat-Alhambra (schade, dass es kein Alhandra war!) zu Eröffnung
des Café Rossio in der Wandsbeker Chaussee 117, direkt am Ausgang der
U-Bahn Ritterstraße. Dieses (ebenso wie das Taxi Seat Alhandra, pardon Alhambra,
und das Restaurant Canoa) gehören PHG-Mitglied Costa Pinto. Übrigens unsere Leser kennen ihn von den
Appetithappen, die er auf unserer letzten Vollversammlung serviert hat. Super für
mich, so habe ich wieder einen Ort, den ich empfehlen kann. Diese Woche gab es
in Sauer eingelegte petingas (kl. Sprotten-ähnlicher Fisch), der am
Vortag frisch gebraten worden war.
Vor ein paar Tagen traf ich die drei portugiesischen
Taxifenster, die auf der Südseite des Hauptbahnhofs ihren Stand haben: Marques,
Eusébio und die Frau von Balhelhas (der war gerade an der Costa de Caparica).
Wie klein die Welt ist! Eines Tages mache ich einen Streifzug durch die
portugiesischen Importfirmen, denn es gibt Leute, die darüber klagen, dass
einige teurer als die Einzelhandelsgeschäfte sind. Voll Aufmerksamkeit und
Genuss haben wir auf dem NDR den beiden Teilen des Hörspiels „Das Handbuch
der Inquisitoren“ gelauscht und die Stimme von Susana Genebra herausgehört.
Sie ist in Hamburg geboren und die Tochter meines ex-Kollegen von der IG Metall
Tomé Genebra, der jetzt als Pensionär in Monção lebt. Ich frage mich immer:
wie kommt es, dass bei so vielen Bands mit (elektrischen) Gitarren es einen
enormen Mangel an (Fado) Gitarristen gibt und man diese aus Nordhorn holen muss?
Fadogitarre zu lernen ist ein harter Job...
|
. |
|
Portugal-Post Nr. 14 / 2001
|
|
Luís Carvalho
|
|