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Abiturrede

Von Peter Koj

Liebe Abiturienten, liebe Eltern, liebe Kollegen,

 ein ganz fürchterliches Erlebnis verfolgt mich seit meiner Referendarzeit. Es war die Abiturienten-Entlassungsfeier des Gymnasiums St. Georg, damals als es noch ein reines Jungengymnasium war und noch in dem Stadtteil lag, das ihm seinen Namen gegeben hat. Die wilden 68er waren noch nicht über uns hinweggefegt, und so füllten die frisch gebackenen Abiturienten, ordentlich gekämmt und im dunklen Anzug, die ersten Reihen der Aula, und lauschten brav und andächtig der Entlassungsrede ihres Klassenlehrers. Dieser stand kurz vor seiner Pensionierung und nutzte die Gelegenheit dieser Rede, eine erbarmungslose Abrechnung der Nutzlosigkeit seines erzieherischen Tuns abzuliefern. Er habe in den letzten Jahren aufgrund des großen Altersunterschied seine Schüler nicht mehr erreicht. Eine Kommunikation zwischen ihm und der jungen Generation habe nicht bestanden. Man hätte sich das Ganze auch schenken können. Wie eine kalte Dusche ging die Rede über die jungen Leute herunter und entsprechend „bedripst“ schlichen sie sich dann mit ihren Abiturzeugnissen aus der Aula.

Ich schwor mir damals, niemals in meinem Leben eine Abiturrede zu halten. Ich muss allerdings auch gleich dazu sagen, dass ich nie in diese Verlegenheit gebracht wurde. Zuerst einmal wurde die Abiturfeier als alter Zopf  ein Opfer der 68er-Bewegung: Die Abiturienten holten sich die Zeugnisse nunmehr sang- und klanglos im Sekretariat ab. Und als sich die Aulafeier allmählich wieder etablierte, war die Entlassungsrede wie eh und je eine Domäne der Deutschlehrer. Als mich Herr Schümann jedoch auf dem Abi-Ball im Curiohaus bat, die diesjährige Abi-Rede zu halten, hörte ich mich ohne Zögern „ja“ sagen. Und ich möchte kurz begründen, was mich dazu verleitet hat, meinen vor über dreißig Jahren geleisteten Schwur zu brechen.

Zuerst einmal gibt es mir die Gelegenheit, mich von einem ganz besonderen Jahrgang in aller Form zu verabschieden, nachdem ich mich vor einem Jahr – nicht ganz unfreiwillig – von der Schule „auf französisch verabschiedet“ habe. („Filer à l’anglaise“ nennen die Franzosen das wiederum und geben den schwarzen Peter an die englischen Nachbarn weiter.) Ein ganz besonderer Jahrgang, sagte ich, und das gilt in vielfacher Hinsicht. Ihr geht ein in die Chronik des Gymnasiums Hochrad, vormals Bertha-Lyzeum, nicht nur als der Jahrgang, der just zum 100jährigen Bestehen dieser renommierten Institution das Zeugnis der Reife erhält. Die meisten von Euch gehören auch zum ersten Jahrgang des bilingualen Zweigs, mit dessen Einführung im Jahre 1992 das Profil unseres Gymnasiums eine markante Auffrischung erfuhr. Als Englisch- und Klassenlehrer (zusammen mit Frau Bubrowski) der Kl. 5b war ich an der Einführung dieser Novität nicht ganz unbeteiligt, und wenn man nach neun Jahren eine erste Zwischenbilanz ziehen möchte, so kann diese nur sehr positiv ausfallen.

Für mich seid Ihr aber nicht nur ein besonderer Jahrgang, weil ich einer der beiden ersten bilingualen Englischlehrer sein durfte. Im Gegensatz zu dem eingangs zitierten Kollegen des Gymnasiums St. Georg meine ich ein besonders intensives und menschlich befriedigendes Verhältnis zu Euch gehabt zu haben. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass ich in diesem Jahrgang wie in keinem anderen zuvor mit meinen verschiedenen Fächern und Aktivitäten zum Zuge kam, d.h. fast „flächendeckend“ eingesetzt war. Da sind zuerst die sportlichen Aktivitäten zu Wasser und zu Lande: will sagen die gemeinsamen Crossläufe im Jenischpark und am Elbufer, der Schwimmunterricht im Reemtsmabad in Kl. 6, später als AG und schließlich als Oberstufenkurs. Es würde mich glücklich machen, einigen von Euch ein wenig Freude an körperlicher Bewegung vermittelt zu haben und Ihr Euch diese Freude hinüberrettet in eine Welt, die mehr und mehr durch Bewegungsfeindlichkeit geprägt ist.

Was mich mit diesem Abiturjahrgang jedoch in besonderem Maße verbindet, ist die Vermittlung von drei Sprachen, allen voran dem Englischen, das im Zuge der Bilingualität natürlich eine besondere Rolle spielte. Ich brauche hier an dieser Stelle nicht in einen längeren Diskurs einzutreten, um die Bedeutung von Fremdsprachenkenntnissen in unserer vernetzten und globalisierten Welt herauszustellen. Wer die Sprache seines ausländischen Partners auch nur einigermaßen beherrscht, dem öffnen sich Türen und Herzen. Ganz zu schweigen, von dem unbändigen Vergnügen, das es bereitet, einen fremdsprachigen Text oder Film im Original genießen zu können. Schließlich bedeutet die Versenkung in eine andere Sprache, ihre unterschiedlichen Bilder und Möglichkeiten, die Wirklichkeit zu erfassen, eine Bereicherung der eigenen Persönlichkeit, ein Ausbrechen aus der durch die Muttersprache vorgegebenen Muster, so wie es ein portugiesisches Sprichwort unnachahmlich formuliert: Saber-se muitas línguas é ser-se muitas vezes homem – zu deutsch etwa: Viele Sprachen können bedeutet vielmals Mensch zu sein.

Deswegen möchte ich mich nun auch in drei Sprachen von Euch verabschieden in der Reihenfolge des zeitlichen Umfangs, in dem sie am Hochrad angeboten werden (Englisch 9 Jahre, Französisch 7 Jahre, Portugiesisch 3 Jahre), nicht unbedingt der Hitliste der Weltsprache folgend, wo Portugiesisch mit weltweit 200 Millionen Sprechern noch vor Französisch und Deutsch rangiert).

So, boys and girls (or should I say now „ladies and gentlemen”?), time has come to part and I suppose it won’t take you by surprise when I say it has been a great pleasure to teach you. Right from the start, you were such a clever lot grasping anything I presented to you at an astounding speed and developing, in next to no time, all the necessary skills for expressing yourself in fluent English. At times, this did not quite go without a certain strictness from my part and a certain amount of drill. But I do hope you have meanwhile realized that it was all for your benefit and so have forgiven me. And it should not be left unmentioned that we also had a lot of fun during our English classes. Remember all the songs we sang together, the little scenes and plays we acted out, the stories you wrote. You were not only a clever, but also  very creative lot. Just let me mention the Book of Ghosts and Horror you wrote and illustrated in your second year of English. And in your third year, we took you over for an exchange visit to Great Russell School in Croydon, near London. You must have been the youngest group Hochrad has ever sent abroad. Nevertheless you moved about at perfect ease, even contributing substantially to other courses like maths. And we created a certain sensation when we refused eating beef at the school canteen, because at that very time the first cases of BSE were known in England.

Après deux ans d’anglais, vous aviez le choix entre le latin et le français comme deuxième langue. Comme deux tiers de votre classe ont opté pour le français, on s’est permis le luxe de nous laisser seul comme groupe. Et je dois dire qu’on n’a pas mal travaillé. Ça a été un vrai cours intensif, où on a bravement affronté les écueils de la grammaire française. Des phénomènes comme l’accord des adjectifs (chaque adjectif français a, selon le genre et le nombre, au moins quatre formes différentes) sont totalement inconnus à ceux qui ne connaissent que la grammaire allemande ou anglaise et ainsi vous ont forcés a bien réfléchir et à vous concentrer. Pire encore : l’accord des participes. Vous vous souvenez? Les participes des verbes avec être s’accordent , en genre et en nombre, avec le sujet tandis que les participes des verbes avec avoir et les verbes pronominaux s’accordent avec le complément d’objet direct qui précède. Même si vous n’ayez pas atteint le même degré de perfection et de maîtrise de la langue comme en anglais, la connaissance au moins d’une langue romane vous a ouvert de nouveaux horizons dans monde de plus en plus dominé par la langue et le train de vie anglo-américains. Tout en prenant congé de vous, je vous souhaite tout le bonheur possible et que le savoir-vivre français et l’esprit gaulois aient un certain influence dans vos futures vies.

E pronto, é hora de despedirmos também em português. Como deve ser sobejamente conhecido, é a língua que mais gostei de ensinar. Para mim, é a língua mais rica e bonita da Europa e que vale a pena ensinar e aprender. Além disso, fui eu quem, em meados dos anos 80, introduzi essa língua no nosso liceu. Ao mesmo tempo, em mais quatro escolas de Hamburgo começaram a dar aulas de Português. Entretanto, somos o único liceu a oferecer Português como terceira língua. Por isso fiquei muito contente ao ouvir que haja sucessora. Chama-se Teresa Salgueiro. Apesar do nome não é cantora, mas sim encantadora. Desejo-lhe muitas felicidades que o ensino de Português corra bem. Aos outres presentes digo

Adeus

Adieu

Bye-bye

Und... Tschüß





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Portugal-Post Nr. 15 / 2001