Editorial
Liebe Portugalfreunde,
wie bereits angekündigt wendet sich nach zwei dem Algarve
gewidmeten Ausgaben unserer Portugal-Post unsere Aufmerksamkeit der
Nachbarprovinz zu, dem Alentejo. Sie ist für viele die sinnbildlichste aber
auch widersprüchlichste Provinz Portugals. Man spricht vom „tiefen Alentejo“
in Anspielung auf ihre Geschichte mit ihrem starken arabischen Erbe, das hier
noch viel präsenter ist als im übrigen Portugal, während die montes,
die alentejanischen Gehöfte, noch Merkmale der römischen villae tragen.
Doch dieser Begriff bezieht sich auch auf die Weite der Landschaft und die
geringe Bevölkerungsdichte, besonders des Baixo Alentejo mit seinen endlosen
Ebenen.
Für andere, vor allem die Lissabonner, stellt der Alentejo
eine Wüste dar, die man möglichst schnell durchqueren möchte, um zum Algarve
zu gelangen, und ein Habitat von trägen und verblödeten Wesen, über die unzählige,
wenig schmeichelhafte Witze kursieren. Für wiederum andere ist es das Land vom
Traum einer gerechteren Gesellschaft. Aber dort, wo einst auf den Großgütern
die Landarbeiter ein kümmerliches Leben führten, sich von Sonnenaufgang bis
Sonnenuntergang abrackerten, ist der Traum von einer Agrarreform, wie er im Zuge
des politischen Umschwungs vom 25. April entstand, zerplatzt. Inzwischen wurden
die Güter den ehemaligen Besitzern zurückgegeben, werden von ihnen in vielen Fällen
jedoch lediglich als Jagdgebiet genutzt. Aber es gibt weiterhin viele Ausländer,
unter ihnen eine Reihe von Deutschen, die hier ihren persönlichen Traum von
einem anderen Leben, fern von der Hetze ihres Heimatlandes, verwirklichen.
In letzter Zeit war viel vom „Alentejo im Aufbruch“ die
Rede. Dies hängt mit dem Abschluss der Bauarbeiten am Stausee von Alqueva
zusammen. Es handelt sich um ein Projekt noch aus der Zeit Salazars, welches das
Erscheinungsbild des Alentejo radikal verändern wird, dessen positive
Auswirkungen jedoch zumindest zweifelhaft sind. Diesem Thema haben wir viel Raum
gewidmet. So müssen Artikel, die über andere Aspekte des Alentejo handeln,
noch zurückstehen. Das Thema „Alentejo“ hat so viel Interesse geweckt, dass
uns Beiträge geliefert wurden, die für mehrere Ausgaben vorhalten. Und da
diese Zeitschrift sich vor allem als Mitteilungsblatt der Portugiesisch-Hanseatischen
Gesellschaft versteht, haben Nachrichten über unser Vereinsleben und die
portugiesische Szene in Hamburg Vorrang, wobei dieses Mal die Einweihung des Centro
de Língua Portuguesa des Instituto Camões an der Universität
Hamburg besondere Beachtung findet. Wir hoffen, dass die Lektüre dieser
Zeitschrift Ihnen etwas Neues bringt und wir uns bei den nächsten
Veranstaltungen wiedersehen, allen voran beim Arraial Português im
Museum für Völkerkunde am 8. und 9. Juni.
Die Redaktion
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Portugal-Post Nr. 18 / 2002
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Alqueva: Gigantische Betonmassen verändern das Gesicht des Alentejo. Hier entsteht Europas größter Stausee
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