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Wir stellen vor:
Teresa Salgueiro Lenze

Von Luise Albers und Felix Jarck

Maria Teresa Guerreiro Salgueiro Lenze ist 32 Jahre alt und unterrichtet Deutsch, Englisch und Portugiesisch am Gymnasium Hochrad (Hamburg-Othmarschen). Sie ist Tochter portugiesischer Emigranten, die Ende der 60er Jahre nach Deutschland kamen. Ihr Vater arbeitete bei Ruhrglas, während ihre Mutter sich um die beiden Töchter kümmerte und nebenher in einer Schneiderei arbeitete. Teresa Salgueiro Lenze berichtete uns von ihren Erfahrungen als Emigrantenkind in Deutschland und erzählte uns über ihr Verhältnis zu Portugal.

   P-P: Warum haben deine Eltern damals Portugal verlassen?
   TSL: Es waren keine ökonomischen Zwänge. Mein Vater hatte einen guten Job als Fernsehtechniker in Lissabon. Er war halt abenteuerlustig. Meiner Mutter war das recht. In der Fremde wuchs in ihr der Wunsch nach einem Kind, der sich dann auch bald erfüllte.

   P-P: Also wart ihr nicht die typische Emigrantenfamilie, die den Wunsch hat, so bald wie möglich in ihr Heimatland zurückzukehren?
   TSL: In gewisser Weise schon: Meine Eltern haben immer sehr hart gearbeitet und einen großen Teil des Geldes gespart. Sie hatten schon das Ziel, eines Tages nach Portugal zurückzukehren. Ich habe sie dann später ermutigt, ihr Leben schon heute zu genießen und es nicht auf später zu vertagen. Es besteht sonst die Gefahr, dass man das Genießen mit der Zeit verlernt. 1980 haben sie dann ein Haus im Alentejo gekauft, in welches sie sich im Alter zurückziehen wollten, wobei es meinen Vater eher zurückzog als meine Mutter.

   P-P: Wie haben deine Eltern als Fremde Deutschland und die Deutschen kennen gelernt?
   TSL: Sie haben immer erzählt, dass sie sehr freundlich aufgenommen worden sind. Die Nachbarn waren hilfsbereit und kontaktfreudig. Nur gelegentlich kam es zu unsensiblem Umgang mit meinen Eltern. Einige Leute duzten sie einfach oder sprachen meine Mutter auf einem respektlosen Sprachniveau an, das sie für einen Ausländer angemessen hielten.

   P-P: Was habt ihr am meisten vermisst?
   TSL: Meine Eltern haben sicherlich die Unterstützung der Familie vermisst. Besonders meiner Mutter fehlte die Möglichkeit, sich mit der Familie auszutauschen. Natürlich gab es einen regen Briefwechsel und viele Telefonate mit unseren Verwandten in Portugal, aber das ist eben nicht dasselbe. Die portugiesischen Traditionen haben wir uns erhalten. Vor Weihnachten machten wir filhóses, und wir trafen uns an den Feiertagen mit anderen Portugiesen.

   P-P: Fiel es dir schwer zweisprachig aufzuwachsen?
   TSL: Ich bin zwar in Deutschland geboren, doch zu Hause haben wir sehr viel Portugiesisch gesprochen. Ich besuchte nachmittags muttersprachlichen Unterricht. Mein Deutsch war noch in der Grundschule sehr schlecht, so dass meine Grundschullehrerin sagte, ich sei bestenfalls für die Realschule geeignet. Glücklicherweise hatte ich später einen sehr guten Deutschlehrer, bei dem ich sehr gutes Schuldeutsch gelernt habe.

   P-P: Wie hast du als Kind Portugal erlebt?
   TSL: Für mich waren die Ferien in Portugal ein Traum. Es war warm, dort gab es Strand und Meer. Ich fühlte mich so viel freier als in Deutschland. Mit der Ankunft in Portugal waren für mich immer positive Eindrücke verbunden. Für mich war es außerdem sehr schön, mit meinen Verwandten in Portugal zusammen zu sein. Ich habe schnell gemerkt, dass ich sehr portugiesisch bin. Den ganzen Winter spürte ich die Sehnsucht nach Portugal, eben diese typisch portugiesische saudade.

   P-P: Was für ein Bild hatte der in Portugal lebende Teil deiner Familie von euch?
   TSL: Wir sind immer herzlich aufgenommen worden. Neid, wie bei anderen Emigranten gab es kaum. Leider gibt es aber bei vielen anderen Portugiesen das Bild, dass in Deutschland das Geld auf der Strasse liegt - sie glauben, man bräuchte sich bloß zu bücken. Das ist ein hartnäckiges Vorurteil, das teilweise von den Emigranten noch gefördert wird, indem sie in Portugal ihren Wohlstand heraushängen lassen. Deshalb sehen die meisten nicht, wie hart viele Emigranten arbeiten.

   P-P: Was meinst du ist typisch an der Situation eines Emigrantenkindes?
   TSL: Typisch erscheint mir eine gewisse Melancholie. Alle Kinder wollen, dass es ihren Eltern gut geht und würden niemals so ein entbehrungsreiches Leben von ihnen fordern, wie diese es oftmals auf sich genommen haben, indem sie das Heimatland verließen. Insofern empfindet ein Emigrantenkind große Dankbarkeit für das Risiko und Opfer, welches die Eltern zum Wohle der Kinder eingegangen sind.

   P-P: Fühlst du dich eher als Portugiesin oder als Deutsche?
   TSL: Ich bin in Deutschland geboren und habe fast mein ganzes Leben hier verbracht. Es ist nur so, dass ich in Deutschland immer als die Portugiesin angesehnen werde, während ich in Portugal immer die Deutsche bleiben werde. Insofern bin ich zwischen diesen beiden Identitäten gefangen. Aber ich sehe das auch positiv: Ich habe zwei Länder kennen gelernt und hatte die Möglichkeit die für mich besten Dinge aus beiden Kulturen zu übernehmen.

   P-P: Könntest du dir vorstellen, eines Tages ganz nach Portugal zu gehen?
   TSL: Eigentlich nicht. Es würde mich reizen, einige Zeit in Portugal zu leben und zu arbeiten. Aber ganz möchte ich Deutschland nicht verlassen.

   P-P: Vielen Dank für dieses Gespräch.





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Portugal-Post Nr. 21 / 2003