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Global village II

Von Luís Carvalho

Dieses Mal ist es nicht so angenehm, denn Mister Bush lässt uns nicht ruhig schlafen, weil seine napoleonischen Träume - zu denen Durão Barroso und Paulo Portas sich auf die Zehenspitzen stellen und rufen: wir sind dabei! - uns die Krise nicht vergessen lässt, in der wir leben. Man braucht sich nur die portugiesischen Restaurants und Cafés anzuschauen, die schon schließen mussten oder den Besitzer wechseln, wobei nur der Name der Gaststätte blieb, sie ansonsten aber nichts mit der portugiesischen Ausrichtung der Getränke und Gerichte zu tun haben, was wir sehr bedauern, und so geht meine Warnung an die Schifffahrt: Vorsicht...

Eine Situation, die sich ändern muss, weil Portugal darunter leidet. Denn der Kunde, wenn er dorthin reist, erinnert sich daran, was er dort an guten Sachen gegessen hat, wie gut es ihm geschmeckt hat und die Freundlichkeit, mit der er bedient wurde; bloß hier, konfrontiert mit dem Leistungsverhältnis Qualität-Bedienung-Preis, ruft er aus: nie wieder! Ich meine, die Konsulate, die Botschaft, der ICEP, andere offizielle und nicht-offizielle Organisationen sollten Schritte unternehmen, um diesen Narreteien des gastronomischen Karnevals auf hanseatischem Territorium ein Ende zu bereiten. Oder wenigstens diese Übeltäter zu warnen und ihnen die Ohren lang zu ziehen wie man es mit unerzogenen Knaben macht.

Allerdings hängen nicht alle Geschäftsschließungen bzw. -übergaben mit der augenblicklichen Krise zusammen, und einigen Gaststätten kehren die Kunden den Rücken, weil die Qualität der aufgetischten Gerichte nicht die Preise rechtfertigt. Einige brauchen noch Zeit, um Profis im Gaststättengewerbe zu werden. Hier ein paar unvergessliche Beispiele, wo es mir schlecht ergangen ist:

Die Bar eines portugiesischen Clubs servierte ein halbes Hähnchen mit Kartoffeln und Salat und verlangte dafür 7,00 €. In einem anderen zogen sie mir für ein cozido à portuguesa (an cozido erinnerte nur der Name) 8,00 € aus der Tasche. In einem anderen Club bezahlte ich für eine bica und ein pastel de nata nur 2,50 €. Der Kaffee ein müdes Gebräu, denn die Marke taugt nichts, und die nata kam angewärmt aus der Mikrowelle und wenn es so ist, wissen wir schon, dass sie von gestern (oder vorgestern) ist. Wir haben reklamiert und die Antwort war folgende: Nur Ihr beschwert Euch! Die Deutschen sagen nichts! Wenn es Euch nicht passt, geht woanders hin. Diese Typen...

In einem anderen Restaurant (wir haben es immer für eins der besseren gehalten...) haben sie uns übelriechenden Stockfisch serviert (ich glaube er hat zu lange gewässert) und als wir den Besitzer riefen, kam er beflissen an und akzeptierte die Reklamation; bloß dann blieb uns die Spucke weg, als er mit lautvernehmlicher Stimme Richtung Küche brüllte: "Cabrões ¹, H..söhne, Sch...angestellte, Ihr macht mir den ganzen Laden kaputt" etc. Später erfuhren wir durch einen ehemaligen Angestellten, dass dies die übliche Behandlung ist. Traurig, traurig... In einem Café bezahl ich für ein papo seco ², das im Grilleisen aufgewärmt und mit Butter bestrichen ist, sowie eine meia de leite ³ 1,80 €, in einem anderen Café in derselben Straße mache ich dafür schon 2,80 € locker.

Ich ging in ein Restaurant mit portugiesischem Namen, bediente mich unserer Sprache und keiner verstand mich. Verblüfft fragte ich warum. Ich erfuhr, dass die Angestellten Kurden und Irakianer waren und die Besitzer aus Afghanistan kamen. In einem anderen war die Mannschaft aus Pakistan, etc. In einem Lebensmittelladen verlangte ich bolachas com água e sal . Die erstaunte Angestellte riss die Augen auf und zog die Schultern hoch. Ich begriff, dass sie keine Portugiesin war, besser gesagt, dass sie kein Portugiesisch verstand. Ich fragte sie, woher sie kam. Sie antwortete: Ukraine.

Kürzlich war eine Gruppe aus Düsseldorf bei uns, unter ihnen Lourdes Picareta, die Regisseurin von Fernsehfilmen. Zusammen mit einer Gruppe der zweisprachigen Schule waren sie in einem portugiesischen Restaurant, aber angefangen von der miesen Qualität des Essens bis hin zur offen zu Tage tretenden schlechten Erziehung von Angestellten und Besitzer war alles dabei. Die gesamte Gruppe haute mitten im Essen ab.


¹ Dem Übersetzer sträubt sich die Feder bzw. der PC, dieses zwar bes. in Nordportugal sehr gebräuchliche, aber ansonsten stark unter die Gürtellinie zielende Schimpfwort durch das entsprechende deutsche wiederzugeben. Der/Die geneigte Leser/in möge ein Wort seiner/ihrer Wahl einsetzen.

² Ausgesprochen "pappsäku"; neben carcaça die übliche umgangssprachliche Bezeichnung für ein Brötchen.

³ Ein in den letzten Jahren in Mode gekommener Begriff für eine große Tasse Kaffee mit Milch.




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Portugal-Post Nr. 22 / 2003


Luís Carvalho