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"Wer ein Leben rettet, rettet die Welt"
Die Geschichte von Aristides de Sousa Mendes

Von Luise Albers und Felix Jarck

Als die Nazis 1940 in Frankreich einfielen, unterzeichnete Aristides de Sousa Mendes, portugiesischer Konsul in Bordeaux, entgegen der Anweisungen von Salazar Visa für Flüchtlinge. So gelang es ihm, tausende Leben zu retten, bevor er vom Diktator seines Amtes enthoben wurde.

1940, nach dem Vormarsch der deutschen Truppen von Nord bis Süd und von Ost bis West, blieb nur Portugal als Ausgangstor zu einem vor Hitlers Absichten sicheren Ort. Deshalb drängten unzählige Flüchtlinge, vor allem Juden, zum portugiesischen Konsulat in Bordeaux, um ein Visum zu erbitten. Aber bereits am 13. November 1939 hatte Salazar in einem Rundschreiben dem ganzen portugiesischen diplomatischen Korps verboten, Visa für bestimmte Kategorien von Menschen auszustellen, inklusive der "Juden, die aus ihrem Herkunftsland oder wo sie untergekommen waren, vertrieben wurden."

Anfangs ignorieirte Aristides das Rundschreiben zunächst, um sich dann, als er dazu gedrängt wurde, völlig darüber hinwegzusetzen. Er vergab die Visa an alle, die ihn darum baten. Als er am 8. Juli 1940 ohne Möglichkeit zu weiterer "Pflichtverletzung" von der französisch-spanischen Grenze nach Portugal zurückkehrte, hatte er tausende Leben gerettet, indem er Tag und Nacht bis zur körperlichen Erschöpfung Visa unterzeichnet hatte.

Nichts in seinem vorangehenden Lebenslauf ließ dieses Handeln von Aristides vorhersehen. Zum Zeitpunkt der Geschehnisse 55 Jahre alt, verheiratet und Vater von elf Kindern, diente er dem Faschismus wie er zuvor der Ersten Republik gedient hatte. Aristides war Monarchist und katholisch. Er war schlicht bewegt von der Qual "dieser ganzen Leute," die "ihn unweigerlich lebhaft beeindruckte", wie er im August 1940 in seinem Prozess zur Verteidigung angab.

Als er nach Portugal zurückgekehrt war, wurde Aristides im Disziplinarverfahren für schuldig befunden und degradiert. Salazar schickte ihn mit einer minimalen Pension in Rente. Aristides´ Berufungsklagen vor den Gerichten waren umsonst. Da er nun im Wesentlichen ohne Geld dastand, wurde ihm von seinem Bruder und von der jüdischen Gemeinde ausgeholfen. Vom reich ausgestatteten Herrensitz der Familie in Cabanas de Viriato (Viseu) wurde nach und nach alles verkauft. Die Kinder verstreuten sich, die Frau starb, Aristides heiratete erneut.

Am 3.April 1954 starb Aristides an einem Schlaganfall und einer Lungenentzündung im Krankenhaus der Ordem Terceira in Lissabon. Wenn auch die Inschrift auf seinem Grabstein seine Verdienste mit den Worten "Wer ein Leben rettet, rettet die Welt" anerkennt, führte sein Tod zu keinerlei Information oder Kommentar in der Presse und wurde so vom Land ignoriert.

34 Jahre dauerte es, bis Aristides in Portugal wieder rehabilitiert und offiziell gewürdigt wurde: 1988 beantragte Dr. Jaime Gama von der Sozialistischen Partei die Rehabilitation und Integration post mortem in den diplomatischen Korps. Dem wurde einstimmig von allen damals vertretenen Fraktionen stattgegeben. Seit 1993 ist Aristides, als einziger Portugiese, Teil der Righteous among the Nations im Yad Vashem Memorial in Israel.

Aristides de Sousa Mendes wird nach und nach geehrt. Inzwischen gibt es den Aristides de Sousa Mendes-Preis, mit dem jedes Jahr ein Forschungsprojekt über internationale Politik mit direkter Relevanz für die portugiesischen Außenbeziehungen ausgezeichnet wird. Zudem gab es in den vergangenen Jahren eine Welle von Veröffentlichungen über Aristides. Nicht nur Bücher (z.B. Um Homem Bom von Rui Afonso), sondern auch Filme (so der Dokumentarfilm von Diana Andringa) und sogar Comics (z.B. von Jocelyn Gille mit dem Titel Bordeaux dans la Tourmente). So wird Aristides de Sousa Mendes mehr und mehr bekannt in Portugal und auch in der restlichen Welt. Das verdient er durchaus, denn "wer ein Leben rettet, rettet die Welt".





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Portugal-Post Nr. 29 / 2005


Aristides des Sousa Mendes




Das Haus am Quai Louis XVIII. in Bordeaux, Sitz des portugiesischen Konsulats während des letzten Krieges




Flüchtlinge vorm Rathaus in Bordeaux 1940