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Um adeus português

Von Peter Koj

Meu caro Zé-Guilherme,

sich von einem Freund zu verabschieden, fällt immer schwer, besonders wenn es das letzte Mal ist. Eigentlich wollte ich das, was ich jetzt hier zu Papier bringe, Dir noch direkt gesagt haben. Doch die schreckliche Krankheit, die zu Deinem viel zu frühen Tode führte, ließ dies nicht mehr zu. Umso dankbarer bin ich Dir, dass du trotz deiner schwindenden Kräfte es Dir nicht hast nehmen lassen, auf dem Arraial Português im Museum für Völkerkunde zu erscheinen, um Dich von Deinen Freunden zu verabschieden.

Und von denen hast Du im Laufe der knapp 35 Jahre, die Du in Hamburg gelebt hast, eine große Schar um Dich versammelt. Wir selbst haben uns erst relativ spät kennengelernt: kurz nach unserer Rückkehr aus Portugal im Jahre 1983 hatte Maralde Meyer-Minnemann die glänzende Idee, Dich und Adelina einzuladen, damit wir, die wir noch so voll von Portugal waren, durch Euch den richtigen Einstieg in die portugiesische Szene in Hamburg bekämen.

Aus diesem freundschaftlichen Kontakt wurde dann eine intensive Zusammenarbeit, als ich im November 1990 zusammen mit Ulla Jäger in den Vorstand des Kulturkreises Portugal in Hamburg gewählt wurde, dessen Gründungsmitglied Du warst und dessen 10jähriges Bestehen zu feiern Dir jetzt verwehrt ist. Über 7 Jahre lang haben wir dann zusammen, erst mit Ulla später mit Barbara Mesquita, die Geschicke dieses Kreises geleitet und versucht, für die Kenntnis und Verbreitung der portugiesischen Kultur in Hamburg eine Lanze zu brechen.

Dadurch dass ich zusätzlich als Kulturreferent der DPG fungierte, ergab sich eine vertrauensvolle Kooperation der beiden Organisationen und gemeinsam konnten wir solche Großprojekte auf die Beine stellen wie die Azulejo-Ausstellung von Prof. Marggraf (in "deinem" Institut für Iberoamerika-Kunde), sowie die Ausstellungen Cartografia Portuguesa und Portugal na Abertura no Mundo (beide in der Hamburger Börse). Bei all diesen Projekten und in noch stärkerem Maße bei dem alljährlich stattfindenden Arraial habe ich all die positiven Eigenschaften kennengelernt, die Dich auszeichneten und die uns allen den Abschied von Dir so schwer machen.

Renato Calvário, Conselheiro das Comunidades Portuguesas, nennt Dich in seinem Brief vom 27.8.98 treffend einen aufrechten und klugen Mann ("um homem vertical e com muito saber"). Doch diese Aufrichtigkeit, wegen der Du als Student vor der salazaristischen Geheimpolizei fliehen musstest und die Dich stets die Sache der Armen und Unterdrückten hat vertreten lassen, und Dein großes Wissen, das Dir erlaubte, Dich zu vielen Themen kompetent zu äußern, haben in keiner Weise Deiner Freundlichkeit und Deinem liebenswerten Charme Abbruch getan.

Was mich am meisten beeindruckt hat, war dass hinter all Deiner Lockerheit und Verbindlichkeit eine eiserne Arbeitsdisziplin stand, die schon fast preußische Dimensionen hatte. Nie hast Du Dich vor einer unangenehmen Aufgabe gedrückt, sondern bist ihr mit Zielstrebigkeit, Umsicht und Akribie zu Leibe gerückt. Wir werden sehen, wie die Arraiais im Museum für Völkerkunde künftig ohne diese Deine Fähigkeiten auskommen werden.

Eine weitere Eigenschaft, die Dich so liebenswert gemacht hat, war Deine Unaufdringlichkeit, Dein bescheidenes Zurücktreten, wenn es darum ging, die von Dir geleistete Arbeit zu präsentieren. Höchstwahrscheinlich wäre es Dir eher peinlich gewesen, die Dir vom Staatssekretär für die Comunidades Portuguesas, José Lello, posthum verliehene Ehrenmedaille für Deine Verdienste um die portugiesische Gemeinschaft entgegenzunehmen. Nun hat Adelina sie für Dich entgegengenommen und wir können nur bedauern, dass dem Staatssekretär Deine Verdienste nicht ein wenig früher aufgefallen sind.

Nur in einem Punkt kanntest Du keine Zurückhaltung und warst bereit, ins Rampenlicht zu treten: nämlich wenn es darum ging, die Gedichte Deines großen Landsmannes Fernando Pessoa darzubieten. Während im Pessoa-Spektakel auf Kampnagel im März 1990 Deine Stimme vom Band zu hören war ("Mar Português"), hast Du dann im November 97 zusammen mit Ferdinand Blume-Werry für die Volkshochschule einen sehr schönen Vortragsabend gestaltet. Leider war ich an dem Abend verhindert, doch Gott sei Dank gab es am 16. April eine Wiederholung im "Literarischen Café" des Christianeums.

Dieser Abend wird uns allen unvergesslich bleiben, wie es Dir gelungen ist, trotz deines Zustandes Dich der Aufgabe zu stellen, uns den großen Dichter Pessoa durch Deine Vortragskunst näherzubringen. Bewegend und beeindruckend, wie Du deine letzten Kräfte mobilisiert hast, um die Ode Triunfal zu deklamieren, schon für die Physis eines Gesunden eine kolossale Herausforderung, geschweige denn für jemanden, der wie du am Rande des Todes stand. Mit diesem tapferen Kampf für die Sache der Kultur bis zum letzten Atemzug bist Du für mich zur Symbolfigur für Licht in dieser finsteren Welt und ein Ansporn, es Dir gleichzutun.

Amigo Zé-Guilherme, até sempre!





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Portugal-Post Nr. 3 / 1998


Pessoa-Lesung im Literarischen Café des Christianeums am 16.4.98