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Rezension: Der Herr der Inseln

Von Luise Albers

Am 17. März hatte ich das Vergnügen, Maria Isabel Barreno in der Werkstatt 3 aus ihrem 1994 geschriebenen Roman "Der Herr der Inseln" lesen zu hören. Mir ihrer sympathischen Stimme gab sie auch bereitwillig Auskunft über ihre Motive beim Schreiben - vornehmlich war es ihr wichtig, mit dem Buch die Geschichte ihrer Vorfahren aufzuarbeiten, die von den Kapverden kommen.

Es geht darin um die Geschichte des portugiesischen Kapitäns Manuel António Martins, ab dem Zeitpunkt, als er im Jahre 1792 auf der Insel Boavista (Kapverden) Schiffbruch erleidet, bis zu seinem Tod, nachdem er auf dem Archipel eine Großfamilie und eine beachtliche Infrastruktur gegründet hat. Er ist der "Herr der Inseln", und es zeigt sich fortwährend der Widerspruch zwischen seinem unermüdlichen Einsatz für die Seinen und den allgemeinen Fortschritt einerseits und seinem riesigen und zerstörerischen Machtstreben andererseits. Erzählt wird dies aus der Sicht seines Sohnes, unterstützt von dessen Schwester Marta.

Das Verhältnis der weißen Kolonialfamilie zu ihren Sklaven, das sich in Unterdrückung, "Milchbruderschaft", Liebesbeziehungen und gegenseitiger Faszination niederschlägt, durchzieht den Roman als zentrales Thema. Geprägt wird das Geschehen von der besonderen Natur der Inseln: das unbarmherzige Klima, das die Heftigkeit der Auseinandersetzungen befördert und für Dürre und Hungersnöte sorgt, zugleich üppige Fülle, Salz, Sand und immer wieder das Meer.

Marta konstatiert, dass die Familie Martins in ihrer Beziehung von Macht, Liebe und Elend dem Königreich Portugal, dem Archipel Kap Verde oder beidem gleiche. Insofern ist dem Klappentext) zuzustimmen, der dem Roman zuschreibt, lebendig und anschaulich Alltagsleben und Weltpolitik zu verbinden. Andererseits scheint es fast egal, wie die Weltpolitik gestaltet wird, weil das Miteinander der Menschen stets gleich zu bleiben scheint: Es geht um Verrat, Aufstände und Intrigen, um Träume, Mythen und Leidenschaften. Marta drückt es so aus: "Da die Mannigfaltigkeit des menschlichen Handelns und der menschliche Gefühle begrenzt ist, ist es immer möglich, in allem Ähnlichkeiten zu finden." So werden die Beurteilungen der Handlungen oft zu allgemeinen Weisheiten: über die Zeit, die alles verschlingt, über das Verhältnis von Frauen und Männern, über die Macht und die Vergänglichkeit. Marta fügt ihren Feststellungen jedoch hinzu, dass es nichts Banaleres als eben diese Feststellungen gebe.

Ob all die teilweise erstaunlichen Sätze wie "Nur wer vom Kurs abkommt, erreicht das Ziel" oder "Wenn wir zur absoluten Stille gelangen, spricht die Welt zu uns" im Grunde gleichermaßen banal sind oder ob darin letztlich doch eine zentrale Aussage auszumachen ist, bleibt den Lesern überlassen.

Der Roman wurde von Renate Heß übersetzt und erschien im letzten November in der edition tranvía (Verlag Walter Frey, ISBN 3-925867-87-2, 14,80 Euro)





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Portugal-Post Nr. 30 / 2005


Barbara Mesquita im Gespräch mit Maria Isabel Barreno