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Die Frau hinter den Bestsellern

Von Uly Foerster *

Jedes Buch ein Bestseller. "Der Zahir", "Elf Minuten", "Handbuch des Kriegers des Lichts" - der brasilianische Romancier Paulo Coelho schreibt literarische Erfolgsgeschichte in Deutschland. Und die gründet, vielleicht wesentlich, auf der Arbeit einer Frau in Othmarschen, die von sich selbst sagt, sie sei "sehr schüchtern": Die Romanistin Maralde Meyer-Minnemann (62) ist seine Übersetzerin.

Auch wenn sie die Kunst der Selbstvermarktung gelernt hätte, sie wäre im Hintergrund geblieben. Übersetzer profitieren selten vom Glanz und vom finanziellen Erfolg ihrer Autoren. Maralde Meyer-Minnemann spricht sechs Sprachen: Portugiesisch, ihre "Vatersprache", Deutsch, ihre Muttersprache, dazu Französisch, Italienisch, Spanisch und Englisch.

Die "Liebe zum Umgang mit Sprache" wird ihr vielleicht eines Tages den besten Grund zum Feiern verschaffen, den sich eine Übersetzerin oder ein Übersetzer überhaupt vorstellen kann: die Teilhabe an einem Literaturnobelpreis. Meyer-Minnemann pflegt seit 15 Jahren schon eine Art "literarische Ehe" mit dem portugiesischen Autor António Lobo Antunes ("Das Handbuch der Inquisitoren", "Anweisungen an die Krokodile"), der für die höchste Auszeichnung in der literarischen Welt seit langem ein Dauerkandidat ist. Sie hat fast sein ganzes Werk ins Deutsche übersetzt. Nein, seine kompliziert geschichteten Romane neu geschrieben, für seine verschlungenen Sprachebenen deutsche Entsprechungen geschaffen: "Ich habe seine Sprache neu erfunden."

Es fing alles vor dem Abaton-Kino im Grindelviertel an. 1979 war es wohl, als sie einen Lektor des Rowohlt-Verlags traf, der gerade auf der Suche nach neuen Talenten war. "Die ewige Orgie" des Peruaners Mario Vargas Llosa war ihre erste Roman-Übersetzung. Maralde Meyer-Minnemann: "Den Beruf habe ich nicht gesucht. Er hat mich gefunden."

Seither sind es rund 40 Bücher geworden. Die Honorare sind nicht üppig, manchmal kommen für sechs, sieben Monate Arbeit gerade 15 000 bis 16 000 Euro heraus, brutto, versteht sich. Zusätzlich arbeitet die Hamburgerin deshalb als Vereidigte Dolmetscherin bei Gericht: In den Verhandlungen erlebt sie, wie sie sagt, "das pralle Leben, Nachbarschaftshändel und Betrug, Drogenkriminalität und Mord."

Ein bisschen verwunschen liegt ihre alte Villa in Othmarschen hinter wucherndem Grün; dort, im Haus ihrer Großeltern, ist sie aufgewachsen, und es steht symbolisch für das multikulturelle Leben ihrer weitverzweigten Familie: Es gehört zu Teilen auch ihrem Bruder Wolfram, der in Porto arbeitet, und einer Tante, die in England lebt.

Während Labradormischling Stella lauthals Futter und Zuneigung einfordert, sitzt sie auf einer Art Insel in einer Brandung aus Papier, mittendrin ein ehrwürdiger Schreibtisch aus dunklem Holz, der von konzentrischen Kreisen aus Regalen voller Literatur und Lexika umrundet wird. Auf dem Flachbildschirm ihres Computers ist die Einladung zur nächsten Vorstandssitzung der Portugiesisch-Hanseatischen Gesellschaft zu lesen. Maralde Meyer-Minnemann ist Vorsitzende der Organisation.

Für ihre Übersetzungen hat die 62jährige bereits viele Preise bekommen. Den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzungen etwa, den Preis Portugal-Frankfurt zur Buchmesse 1997, den Helmut.M.Braem-Preis, der für Übersetzer so etwas ist wie der Grimme-Preis für Fernsehschaffende oder der Kisch-Preis für Journalisten. Wie sie alle genau heißen, müsse sie erst nachsehen, sagt sie schüchtern. Und fügt hinzu: "Und nun warten wieder Korrekturfahnen auf mich."


* Uly Foerster ist Pressereferent der PHG. Sein Artikel erschien am 16.8.2005 im Hamburger Abendblatt




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Portugal-Post Nr. 32 / 2005


Maralde Meyer-Minnemann im Literaturhaus