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Editorial

Liebe Portugalfreunde,

als vor einem Jahr die südasiatischen Küsten von einem schrecklichen Tsunami heimgesucht wurden, der enorme Schäden und Hunderttausende von Toten verursachte, fielen den Medien dazu sofort die Ereignisse in Portugal vor 250 Jahren ein. Das sogenannte Erdbeben von Lissabon von 1755 war eigentlich ein Seebeben vor der Algarveküste, auf das eine dieser Riesenwellen folgte, die die Japaner "Tsunami" nennen, was "große Welle im Hafen" bedeutet. Noch bemerkenswerter ist allerdings, dass viele Menschen damals und heute angesichts der Katastrophe dieselbe Frage bewegte: " Wie kann ein allmächtiger und gütiger Gott so etwas zulassen?" oder sogar "Gibt es Gott?"

Der Jahrestag des Lissabonner Erdbebens hat zu einer Reihe von Veröffentlichungen, Ausstellungen und Kongressen geführt, wobei immer wieder ein Buch im Mittelpunkt steht, das bald nach dem Erdbeben veröffentlich wurde und nach wie vor als ein Meisterwerk der Weltliteratur gilt, Voltaires Candide. Der Orkan, der große Teile von Louisiana zerstört hat und das neuste Erdbeben in Pakistan haben dem Thema von der Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz zu neuer, trauriger Aktualität verholfen. In dieser Ausgabe der Portugal-Post wollen wir keinen Bogen um dieses Thema machen. So enthält sie, neben der faktischen Darstellung der Ereignisse vom 1. November 1755 durch Claus-Günter Frank und Rudolf Malkmus, einen Artikel von Luise Albers über die philosophischen und theologischen Aspekte. Paul Schulz, ehemaliger Pastor, fragt sich "Wo war Gott am 1. November 1755?", während Felix Jarck sich darüber Gedanken macht, was geschehen würde, wenn es heute zu solch einem Erdbeben käme. Schließlich stellt Peter Koj den berühmten Roman von Voltaire vor. Und da Weihnachten vor der Tür steht und die langen Winterabende, die zum Lesen einladen, empfiehlt er Ihnen noch eine Reihe von Neuerscheinungen auf dem deutsch-portugiesischen Büchermarkt. Vor allem aber ein Buch, dessen deutsche Übersetzung schon 1999 veröffentlich wurde, das eng mit dem Thema des Erdbebens verknüpft ist und für eine anregende und schaurige Lektüre sorgt: Stumme Boten von Clara Pinto Correia.

Das zu Ende gehende Jahr brachte Portugal indes andere Katastrophen: die Dürre und die bisher schlimmsten Brände. Bei letzteren handelt es sich nicht um eine Naturkatastrophe, in der die Hand Gottes erkennbar wäre. Wenn jemand die Hände im Spiel hatte, dann waren es kriminelle Menschenhände. Unser Freund José d'Encarnação, der an der Universität Coimbra lehrt, einer Stadt, der die Flammen bedrohlich nahe kamen, geht in seinem Artikel den Ursachen nach, während Cornelia und Lothar Lind, die in Martinchel, ebenfalls im Zentrum Portugals, ansässig sind, die bangen Momente beschreiben, die sie im August und September erlebt haben. Ihnen, wie allen anderen, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben, gilt unser Dank. Autoren und Lesern möchten wir ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches Neues Jahr wünschen. Mögen wir im nächsten Jahr von weiteren Katastrophen verschont bleiben. Für unsere Gesellschaft dürfte das Neue Jahr nur Grund zur Freude bieten, feiern wir doch im August unser 10-jähriges Bestehen.

Die Redaktion





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Portugal-Post Nr. 32 / 2005



Ausschnitt eines deutschen Kupferstichs aus dem 18. Jahrhundert, der die Zerstörungen durch das Erdbeben von 1755 in Lissabon zeigt