Ohren- und Augenschmaus für Fadofreunde

Der Hamburger Musikverlag edel (Sitz: Neumühlen 17) hat im Herbst letzten Jahres den Fadofreunden ein schönes Geschenk gemacht: ein sogenanntes earbook mit dem Titel Fado Português. Was verbirgt sich hinter dieser neudeutschen Bezeichnung? Nun, es ist zuerst einmal ein wunderbarer, großformatiger Bildband, ein wahrer Schmaus für die Augen. Er enthält Fotografien von dem bekannten Lissabonner Fotografen Luís Pavão, zumeist schwarz-weiß, aus den frühen 80er Jahren quando o fado ainda era do povo, als der Fado noch dem Volk gehörte und nicht ein Spektakel für Touristen und Konzertbesucher war. Die Aufnahmen sind von hohem künstlerischen Rang, stimmungsvoll und atmosphärisch dicht. Sie führen uns in die fast versunkene Welt des fado vadio mit ihren Kneipen (tascas, tabernas) und Freizeitclubs (associações recreativas). Hier, in den Stadtteilen Bairro Alto, Bica, Madragoa, Alfama traf sich das einfache Volk, um den amadores, den nicht-kommerziellen Sängern zu lauschen.

In den dicken Karton des Umschlagdeckels eingelassen, entdeckt man - oh Wunder der Technik! - 4 CDs mit jeweils 14 Fados. Wer nach dem Augenschmaus der hervorragenden Fotos, sich auf nun auf einen entsprechenden Ohrenschmaus freut, wird leicht enttäuscht sein: die auf den CDs versammelten Fados spiegeln nicht die urige Welt des Fado vadio wieder. Nur eine einzige live-Aufnahme, ansonsten Studio-Einspielungen von weniger bekannten Größen, gelegentlich sogar Schlagermusik mit Orchesterbegleitung, die den Naphtalingeruch der 50er und 60er Jahre tragen. Dann aber wieder ausgesprochene Perlen wie die Velha Tendinha mit Fernanda Maria, oder Beatriz de Conceição mit Já me deixou oder Alfredo Duarte Junior, der davon singt, wie der Fado entstand (Assim nasceu um Fado).

Wie der Zufall es will, bot fast gleichzeitig eine Hamburger Remittenden-Buchhandlung zu einem Drittel des Preises ein booklet der Membran Music Ltd. unter dem Titel Original Fado de Lisboa an, ebenfalls mit 4 CDs, keinen Fotos, dafür aber einer ganz brauchbaren Dokumentation. Aber auch hier ältere Studioaufnahmen, wenn auch von bekannteren Sängern wie Maria da Fé, Alfredo Marceneiro, Fernando Maurício und Rodrigo. Selbst wenn der Ohrenschmaus hier größer ist, gebührt dem earbook von edel der Vorzug, denn schon allein die Fotos von Luís Pavão sind ihre 30 Euro wert (ISBN-3-937406-27-1).