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Luso-Hanseatisch in den Hafen der Ehe einlaufen

Von Angelina Ribeiro von Wersch*

Was passiert, wenn eine in Hamburg lebende Portugiesin und ein in die Stadt Lissabon verliebter Hamburger auf dem Miradouro Nossa Senhora do Monte im Stadtteil Graça heiraten wollen? Dann beginnt ein portugiesisch-bürokratisches Abenteuer, das am Ende mit einem unvergesslichen Tag in Lissabon endet.

Szene 1: Der Wunsch, auf unserem Lieblingsplatz, dem Miradouro Nossa Senhora do Monte in Lissabon, zu heiraten, führt uns durch die kafkaesken Strukturen des Registo Civil in Lissabon und des portugiesischen Konsulats in Hamburg. Wir fragen uns, ob wir das erste portugiesisch-hanseatische Paar sind, das auf die Idee kommt, eine standesamtliche Trauung auf einem öffentlichen Platz in Lissabon durchzuführen. Die Bandbreite der Auskünfte reicht von purer Verständnislosigkeit über die spontan-willkürliche und assoziative Auslegung der Details unserer Anfrage bis zur persönlichen Sympathie für unser offensichtlich ungewöhnliches Anliegen. Wir haben am Ende Glück, dass die für den Bezirk Graça zuständige Büroleiterin im Registo Civil Gefallen an unserer Idee findet und uns garantiert, am vereinbarten Tag (dem 12. August) entweder selbst die Trauung durchzuführen oder aber bis dahin eine Standesbeamtin zu organisieren. Zwei Tage vor der Trauung erfuhren wir, dass es tatsächlich klappen würde, und mit Fátima hatten wir am Ende auch noch die netteste Standesbeamtin der Welt. Unsere Trauung über den Dächern Lisboas war ein Traum.

Szene 2: Bouquet oder Ramo de Flores? Dass Blumen in Portugal teurer sind als hier in Deutschland, ist unbestritten. Doch worin liegt der Unterschied zwischen einem Ramo de flores (Blumenstrauß) und einem Bouquet, das exakt dieselben Blumen enthält? Diese Feindifferenzierung konnte ich trotz zahlreicher Gespräche mit verschiedensten Blumenläden in Lissabon nicht klären. Es wurde mir aber stets versichert, dass ein Bouquet seine 150-200 EUR auf jeden Fall wert sei, auch wenn es nur acht bis zehn Rosen enthalte. Jede Blume sei schließlich einzeln behandelt und mit Liebe dem Bouquet hinzugefügt. Es sei also jeder zukünftigen Braut empfohlen, für einen Brautstrauß entweder im voraus den heimischen Fleurop-Dienst in Anspruch zu nehmen oder aber in Portugal unter dem Vorwand einen Strauß zu kaufen, diesen für den Besuch bei einer Tante zu benötigen. Ganz nebenbei: Die Investition in meinen improvisierten, aus acht zarten Blümchen bestehenden Brautstrauß, den ich für ein Vermögen dann doch in Lisboa gekauft habe, hat sich aber gelohnt - sie hat noch am selben Tag dazu geführt, dass meine Lissabonner Freundin Patrícia einen Heiratsantrag bekam.

Szene 3: Wie fühlt sich eine Braut, wenn jede/r sie küssen möchte? Unseren Hochzeitstag verbrachten wir mit unseren Gästen an und in unseren Lieblingsplätzen Lissabons - vom Miradouro Nossa Senhora do Monte ging es mit dem eléctrico durch die Alfama ins Bairro Alto. Weiter mit dem Elevador da Bica zum Cais do Sodré, um dort die Fähre nach Cacilhas zu nehmen - wir waren also mittendrin im Alltagsgeschehen der Lissabonner. Da es in Portugal Glück bringt, eine Braut zu küssen, war ich als Braut also ziemlich beschäftigt, all den Frauen und Männern, die uns in den Gassen Lissabons als Brautpaar erkannten, als Glücksbringerin zur Verfügung zu stehen. So auch dem Schaffner der Fähre vom Cais do Sodré nach Cacilhas, an dem ich beim Einsteigen in Eile achtlos vorbeigegangen war. - Nach dem Ablegen ließ er nicht locker, und bat mich zwecks Glück-Bringens auf die Schiffsbrücke. Ganz hanseatisch wurde daraus folgendes erhandelt: Braut bringt Glück, Bräutigam darf im Gegenzug einen cacilheiro steuern, eine der Tejo-Fähren aus der Flotte der ausrangierten "HADAG-Plätteisen". Wenn schon nicht im Hamburger Hafen möglich, so doch auf dem Lissabonner Strom.

Fazit: Eine Hochzeit Hamburg - Lissabon zu planen erfordert gute Nerven, aber die Mühe lohnt sich! Zumal aufgrund der unzähligen Bilder im Kopf und des Stoffs für Geschichten, über den wir als Luso-Hanseatisches Ehepaar nun verfügen.


* PHG-Mitglied Angelina Ribeiro von Wersch ist unseren Lesern durch ihren Bericht über eine Studienreise nach Lissabon in Heft 16 bekannt. Seit einiger Zeit arbeitet sie für die Bertelsmann Stiftung und pendelt zwischen Gütersloh und Hamburg.




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Portugal-Post Nr. 36 / 2006


Der Bräutigam am Steuerruder