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Der iberische Pakt -
Ein Freundschaftsbeweis oder eine Zweckehe?

Von Maria Hilt

Als im Juli 1936 eine Militärrevolte in Marokko den Bürgerkrieg in Spanien einläutet, beginnen die besondere Beziehungen zwischen Portugals Einparteiendiktator António Salazar und dem von der Militärjunta zum neuen spanischen Regierungschef ernannten Francisco Franco. Das portugiesische Regime unterstützt die Aufständischen von Anfang an. Die revolutionären Strömungen der República sind dem Lissabonner Regime schon länger ein Dorn im Auge, und Salazar sieht eine günstige Gelegenheit, den Gegner an der Wurzel anzugreifen. Außerdem ist es ihm wichtig, dass sich in Spanien eine Regierungsform etabliert, die für den Estado Novo keine Bedrohung darstellt und die portugiesische Unabhängigkeit respektiert. Als Schutzwall gegen den iberischen Kommunismus, dessen moralische und materielle Invasion Salazar fürchtet, ist ihm der spanische Nationalismus ein willkommener Partner. Salazar entscheidet sich also für ein starkes und vereintes Spanien als idealen Nachbarn, der sich solidarisch mit Portugal zeigt und eine gemeinsame Strategie unterstützt.

Dieser Beistand beinhaltet die tatkräftige Hilfe von mehr als 20.000 portugiesischen Freiwilligen sowie die uneingeschränkte logistische Unterstützung der Aufständischen, zudem wird Portugal zum Hintertürchen, über das die deutschen Hilfen für Franco ins Land gelangten. Auch bedeutende finanzielle Hilfen kann der Caudillo von seinen portugiesischen Verbündeten erwarten. Neben Waffen und Munition stellt der portugiesische Staat den Frankisten alle Kommunikationsmöglichkeiten und Propaganda zur Verfügung, vor allem den Radio Clube Português, der den Fortschritt der Nationalisten von Andalusien bis Madrid verbreitet und um Solidarität mit den Aufständischen wirbt.

Im September 1938 schlägt der Bruder des spanischen Diktators, Nicolas Franco, seinerzeit spanischer Botschafter in Portugal, Salazar den Pacto Ibérico vor. Die beiden iberischen Herrscher unterschreiben den Vertrag, der die Freundschaft und die Nicht-Aggression Portugals und Spaniens festhält, schließlich am 17. März 1939. Der Pacto Ibérico fungierte als gegenseitige Versicherung der Neutralität im Zweiten Weltkrieg. Er garantierte den beiden Parteien "die Sicherstellung von Verpflichtungen und gegenseitigem Respekt der Eigenheiten und der Unabhängigkeit jedes Landes". Für Francisco Franco war die festgeschriebene iberische Neutralität auch ein wichtiges Argument in den Verhandlungen mit den Alliierten, um sein Land weiter aus dem Kriegsgeschehen herauszuhalten.

In den ersten Jahren der Diktatur ist Spanien wesentlich auf die Unterstützung Portugals angewiesen. Salazar ist zwar entschlossen, den Erfolg des spanischen Militärs zu garantieren, will jedoch auch nicht seinen alten Verbündeten Großbritannien verärgern. Portugal fungiert als wichtiger Vermittler zwischen den Briten und den Frankisten und versucht, den spanischen Nationalismus etwas gemäßigt darzustellen. Denn Großbritannien legt großen Wert auf die Neutralität der iberischen Halbinsel und beobachtet mit wachsender Sorge die guten Kontakte Francos zu Adolf Hitler. Auf der spanischen Seite schürt Salazars Verhalten großes Misstrauen, und Teile der spanischen Falange verlangen von Franco die schnelle Annektierung Portugals, worauf dieser jedoch nicht eingeht.

Ende des Zweiten Weltkriegs bleibt das frankistische Spanien völlig isoliert zurück. 1946 befinden sich lediglich in Portugal und im Vatikan noch spanische Botschaften. Die Alliierten wollen Spanien im Gegensatz zu Portugal nicht in die NATO aufnehmen, und auch bei den Diskussionen um den Marshallplan ist Franco kein willkommener Gast. Der spanische Diktator wertet das als immensen Affront, zumal er doch nach der erfolgreichen Vernichtung der "Roten" im eigenen Land einiges zum Pakt der freien Welt gegen den Kommunismus beizutragen hätte. Franco versucht unter Berufung auf den iberischen Pakt zu verhindern, dass sich Portugal der NATO anschließt. Doch Salazar, der durch die Überlassung der Militärbasen auf Madeira und auf den Azoren an die Engländer und dann an die Amerikaner sein Image bei den Alliierten aufpolieren konnte, legt auf diese Bündnisse größeren Wert.

Allmählich entfernen sich die beiden Regierungen voneinander. Während Spanien sich auf den Weg der Modernisierung macht, seine Wirtschaft nach außen öffnet, in Bildung und Tourismus investiert und langsam auch die strengen Reglements im Kulturbereich aufhebt, schottet sich Portugal zunehmend ab, pflegt seinen Korporativismus, lässt sich vor allem bei den Befreiungsbemühungen der Kolonien auf keine Diskussion ein und übt einen stolzen Alleingang unter heftiger internationaler Kritik. Von 1961 bis 1974 wüten die Kolonialkriege in Angola, Mosambik und Guinea-Bissau, und das portugiesische Regime verschließt sich kontinuierlich den neuen Strömungen des Anti-Rassismus, des Feminismus und der Studentenbewegung.

Für den Krieg in der portugiesischen Kolonie Angola fordert António Salazar die Unterstützung der spanischen Regierung an. Doch dem Nachbarland sind seine Bestrebungen, sein Image in der UNO angesichts der Differenzen mit London über Gibraltar aufzubessern, wichtiger. Diese Undankbarkeit auf Seiten der Frankisten führt zu Ressentiments in Lissabon und gibt den Gegnern der Spanier neuen Auftrieb. 1953 gelingt es Franco, die USA von den Vorteilen von Militärbasen auf spanischem Territorium zu überzeugen. Daraufhin marschiert Spanien schließlich 1955 an der Seite von Portugal in die UNO ein.

Die ehemaligen iberischen Partner scheint nun nichts mehr zu verbinden. Spanische Diplomaten verspotten die Portugiesen als leichtgläubig und nicht vertrauenswürdig, vor allem die Nähe Portugals zur britischen Regierung im Zweiten Weltkrieg wird ihnen nun zur Last gelegt. Salazar muss sich von den Nachbarn Kritik für seine rigide Sozialpolitik anhören, weil er zur Sanierung des Staatshaushaltes Lohnkürzungen anordnet, die einen Großteil der portugiesischen Bevölkerung in Armut stürzen. Auch der große Einfluss der Freimaurer in Portugal ist Franco ein Dorn im Auge, der den Geheimbund vehement ablehnt und Salazar verdächtigt, einen Pakt mit den Freimaurern geschlossen zu haben.

Die Verbindungen zwischen António Salazar und Francisco Franco waren durchweg von großem Misstrauen geprägt. Auch der Pacto Ibérico änderte nichts daran und war eher eine zweckmäßige Vereinbarung als der Ausdruck tiefer Verbundenheit. Als die Bedrohung durch den Kommunismus in die Ferne rückte und auch Franco wie gewünscht bei den Alliierten als Verhandlungspartner anerkannt wurde, gab es auf beiden Seiten keinen Grund mehr, die besondere Kooperation aufrecht zu halten. Trotzdem wird weithin davon ausgegangen, dass sich das überaus brutale Regime Francos in seiner Intensität und langen Dauer nicht hätte halten können, wäre da nicht der hilfreiche Nachbar Salazar gewesen.


Zum Weiterlesen:

  • Juan Carlos Jiménez Redondo: "Franco e Salazar - As Relações Luso-Espanholas durante a Guerra Fria",
    Assírio & Alvim 1996
  • Ana Vicente: "Portugal Visto pela Espanha",
    Assírio & Alvim 1992
  • Howard J. Wiarda / Margaret McLeish Mott: "Catholic Roots and Democratic Flowers - Political Systems in Spain and Portugal",
    Praeger Publishers 2001






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Portugal-Post Nr. 36 / 2006


Salazar und Franco