Sehenswürdigkeiten Sintras
Das Korkkloster der Kapuziner
Von Antje Griem
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Das Kloster Capuchos war mir schon durch die Wegweiser im Sintra-Gebirge bekannt,
ich hatte es aber bis dato nie besichtigt. Mein erster Besuch dort war im November 1993.
Ich arbeitete zu der Zeit bei der Firma Mercedes-Benz als Sekretärin des Präsidenten,
der sich anlässlich einer Zusammenkunft in der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und
Handelskammer einige wichtige Gäste eingeladen hatte (u.a. den damaligen deutschen
Wirtschaftsminister wie auch verschiedene Vorstände aus der Automobilbranche). Das
Sekretariat sollte diesen Besuch also so präzise wie möglich organisieren. Es
wurde eine Besichtigungsfahrt durch Sintra gemacht, bei der man die Paläste und
auch das Korkkloster Capuchos besichtigen sollte. Vorausschauend wies man in der Einladung
darauf hin, dass das Kloster sehr schlecht begehbar sei und man sich entsprechendes
Schuhwerk anziehen möge. Nur leider wurden diese Hinweise von den Damen nicht
so genau beachtet. So ging man mit Stöckelschuhen und kurzen Sommerkleidern durch
die engen und niedrigen Räume des Klosters. Abgebrochene Absätze, eingerissene
Röcke und angeschlagene Köpfe waren die Folge. Ziemlich lädiert stiegen die
Herrschaften wieder in den Bus, der sie zurück in ihr Hotel fuhr. Zu allem Überfluss
goss es auch noch in Strömen. Trotzdem fanden alle, dass die Fahrt durch Sintra und
der Besuch des Klosters ein einmaliges und unvergessliches Erlebnis war.
Die Geschichte
1560 hatte Dom Álvaro de Castro das Kloster aufgrund eines Gelübdes
seines verstorbenen Vaters Dom João de Castro (Vizekönig von Indien) errichtet.
Er war D. Sebastiãos (König von Portugal von 1568 - 1577) Staatsberater und
Inspektor der Finanzbehörde. In diesem einzigartigen, verträumt zwischen Felsen
versteckten Waldkloster führten Mönche des Ordens der Alcantariner, der von
São Pedro de Alcântara als Abspaltung der Franziskaner gegründet worden war,
ein karges, weltabgeschiedenes Leben. Sie blieben der Idee der Bettelorden treu und lehnten
weltlichen Besitz ab.
Das reduzierte Ausmaß der Klosterzellen und der Schlafräume wie auch der Kapelle,
die alle mit Kork ausgelegt waren, brachten William Beckford nach seinem Besuch 1787 dazu,
über den Konvent zu schreiben: "(...) wir folgten während einiger Meilen einem
schmalen Pfad über einen wüsten und kargen Hügel, welcher uns zum Kapuzinerkonvent
führte, der dem ersten Anschein nach der Vorstellung des Hauses von Robinson Crusoe entspricht."
Das Kloster versinnbildlicht das Ideal der Brüderlichkeit und des allumfassenden
Zusammenhalts der franziskanischen Ordensbrüder. Das Klosterportal, ein einfaches Dach
mit korkverkleideten Holzbalken, drückt die Armut und Zurückhaltung aus. Das
Kapuzinerkloster wurde 1834 verlassen durch die Abschaffung der religiösen Orden,
die das liberale Regime anordnet hatte. Die noch existierenden, kunstvollen Elemente des
Gebäudes erscheinen heute sehr zerfallen, ein Ergebnis der schon vergangenen Zeit und
überdies des Vandalismus, unter dem dieses Monument sehr zu leiden hatte.
Das Kloster
Bei einem Besuch der Anlage wird einem die Winzigkeit der Flure, die in Granitbrocken
eingemeißelt sind, bewusst und man lässt sich entführen in den immer
halbdunklen Alltag dieser Kapuzinermönche. Von der Kirche aus kommt man in den Hochaltar,
wo die Lieder der Heiligen Messe angestimmt wurden. Weiter hinten entdeckt man den Eingang
zu den Fluren der einzelnen Zellen, deren Türen von kleinem Umfang sind und zu einer
knienden Position zwingen, einem Ausdruck der Demut vor dem Leben an diesem Ort.
Am Ende des Flures befindet sich der Speisesaal (Decken, Tür und Wände sind hier mit
Kork überzogen) wo die Mahlzeiten auf einem steinernen Tisch eingenommen wurden, ein
Geschenk des Kardinals D. Henrique als Beweis seiner Bewunderung für das hier gelebte Leben.
Durch ein blindes Fenster erahnt man die Küche, die dahinter liegt, wie auch die Zelle der Novizen.
Der Alltag dieses Klosters wurde auch durch die Beschäftigungen, der sich die Mönche widmeten,
ausgefüllt, wie z.B. in der Bibliothek sowie in den Krankenstationen. Es gibt auch einen Trakt
mit Gästezimmern im Kloster. Der Rundgang wird durch den Eintritt in den großen Kapitelsaal beendet.
"Hier litt Honório, um den Himmel zu erlangen, machte er aus der Erdenzeit eine Höllenzeit"
- so beschreibt Lord Byron das Leiden eines der Korkklostermönche. Honório hatte seinerzeit
ein leichtes Aufflammen von Fleischeslust verspürt, als er einer schönen Frau auf der
Straße begegnet war. Daraufhin erlegte er sich selbst die Strafe auf, 30 Jahre in einer
winzigen, höhlenähnlichen Grotte zu büßen. Man findet sie gleich hinter dem
südlichen Hügel, ca. 50 Meter vom Eingang des Klosters entfernt.
Links vom eigentlichen Klostereingang steht in der Kirche ein wertvoller Marmoraltar aus Rom.
Durchschreitet man die Kirche, kommt man in die dunklen Gänge mit den Klosterzellen.
Bis zu 14 Mönche lebten in diesen winzigen, aus dem Fels gehauenen Räumen, die zur
Wärmeisolierung mit Korkrinde verkleidet worden waren. Im kalten und feuchten Winter
"heizten" sie so ihre Zellen mit der eigenen Körperwärme. Die Räume sind so eng,
dass man sich gerade quer ausstrecken kann, und die Türen so niedrig, dass sie nur auf
Knien zu "durchrutschen" sind. Die Platzverhältnisse sollten die Brüder daran erinnern,
dass Gott selbst im engsten Raum immer anwesend ist.
Korkeichen gibt es im umliegenden Park viele zu sehen und vom hinteren Teil des Gartens mit
seinen interessanten Felsformationen hat man einen schönen Blick auf Colares und den
Strand Praia das Maçãs. Und wer Durst hat, kann unbesorgt das glasklare Wasser des
Brunnens am Eingang trinken. Das Korkkloster Capuchos gehört wie der Palácio de
Monserrate zu dem kanadisch-portugiesischen Projekt "Parques de Sintra - Monte da Lua" und
wird ebenfalls restauriert.
Öffnungszeiten: täglich 10-17 Uhr. Führungen alle 15 bis 30 Min. Eintritt 3,50 EUR,
bis 17 und ab 65 Jahren kostet der Eintritt 2,50 EUR, unter 6 Jahren ist der Eintritt frei.
Verbindung: Das Kloster ist 7 km von Zentrum Sintras entfernt. Die nächste Bushaltestelle
(Bus 403 Sintra-Cascais via Cabo da Roca) liegt ca. 3 km entfernt im Örtchen Pé
da Serra zwischen Almoçageme und Azóia.
Bei Interesse können Sie unser Mitglied Antje Griem per email
kontaktieren.
* PHG-Mitglied Antje Griem hat 17 Jahre in der Nähe von Lissabon gelebt und dabei Sintra und Umgebung
besonders in ihr Herz geschlossen. In ihrer Reihe "Die Sehenswürdigkeiten Sintras" hat sie im letzten
Heft den Monserrate Palast vorgestellt. In der nächsten Ausgabe der Portugal-Post soll die
Maurenburg (Castelo dos Mouros) an die Reihe kommen.
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Portugal-Post Nr. 38 / 2007
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