.
  Wir über uns    Mitglied werden    Kontakt    Gästebuch


Lobo Antunes in Hamburg

Von Peter Koj

Wieder einmal besuchte der portugiesische Schriftsteller António Lobo Antunes Hamburg und wieder einmal blieb er sich selbst treu: mürrisch, sich wenig um das Publikum scherend (nicht mal ein Boa noite, ein derart nuscheliges und leises Vorlesen, dass selbst anwesende Portugiesen die Ohren spitzen mussten, um alles zu verstehen) und sich rüde über das zu helle Rampenlicht beschwerend ("Was ist das? Ist das ein Polizeiverhör?"). Am meisten bekam der Kritiker Martin Lüdke sein Fett ab, der neben dem Autor und seiner Übersetzerin Maralde Meyer-Minnemann auf der Bühne saß. Seine zugegebenermaßen gelegentlich naiven Fragen waren Steilvorlagen für die satirische Ader des portugiesischen Autors. So betrachtet war Lobo Antunes an dem Abend ein voller Erfolg, denn seine sarkastischen und provozierenden Ausführungen hoben sich angenehm ab von der Lethargie, die er normalerweise vor einem Publikum ausbreitet.

Mehr noch verdankte dieser Abend (17.9.) seinen Erfolg dem Auftritt von Maralde Meyer-Minnemann. Allgemein anerkannt ist, wie es schafft, die Werke von Lobo Antunes kongenial ins Deutsche zu übertragen. Mehr als beeindruckend war es jedoch, wie es ihr gelang, drei solch verschiedenen Gattungen wie der Chronik, dem Roman und dem Brief Stimme zu verleihen. So las sie im ersten Teil des Abends drei Chroniken aus dem Zweiten Buch der Chroniken, im mittleren einen Auszug aus dem Roman Einen Stein werde ich lieben und zum Schluss den ersten der soeben veröffentlichten Briefe, die der Autor seiner schwangeren Frau aus dem Kolonialkrieg in Angola schickte.

Der lang anhaltende Applaus des Publikums dafür war mehr als verdient. Dieses füllte den Saal der Kammerspiele, wohin das Literaturhaus eingeladen hatte, nur gut zur Hälfte, was umso verwunderlicher war, als Hamburg neben Berlin die einzige Station auf der Deutschlandtour des durch eine Krebsoperation im April noch geschwächten Autors war und die Medien wie NDR Info und das Hamburger Abendblatt seine Anwesenheit nutzten, um ein Interview mit dem wohl produktivsten und innovativsten Romancier zu machen, den wir im Augenblick in Europa haben.







Impressum         Disclaimer
.
Portugal-Post Nr. 40 / 2007


António Lobo Antunes mit Übersetzerin Maralde Meyer-Minnemann