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Portugiesische Fayence
Ein Hamburgisches Handelsgut des 17. Jahrhunderts

Von Ulrich Bauche *

Portugiesische Seefahrer waren die ersten Europäer, die seit etwa 1550 regelmäßigen Überseehandel mit China betrieben. Neben den Seidenwaren hatte das chinesische Porzellan als ein in Europa begehrtes, teures Luxusgut hohen Anteil. Es wurde hier bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts ausschließlich über Lissabon gehandelt. Lieferungen auch nach Hamburg sind u.a. durch Briefe der Großkaufleute Fugger belegt.

Als dann durch die veränderten Machtverhältnissse Portugals Handel und Gewerbe stark gestört wurden, gab es offenbar Anstrengungen, die Handelsbeziehungen zum Norden Europas auch mit neuen Produkten zu bedienen. Die handwerklichen, in einer Zunft verbundenen Töpfer von Lissabon, deren Hauptprodukt bis dahin Wandfliesen, die berühmten Azulejos, für den Bedarf im eigenen Land waren, gingen um 1620 in größerer Anzahl zur Gefäßproduktion über, die hauptsächlich für den Export bestimmt war.

Die Töpfer übernahmen dazu Gefäßformen, wie sie in den Zielländern gebräuchlich waren, wie bauchige, enghalsige Krüge und kleine Deckelschüsseln. Für das Erscheinungsbild der Gefäße, zu denen auch große Schauteller gehören, richteten sich die Töpfer nach den Dekorationen des gleichzeitigen chinesischen Porzellans, wobei sie eine große Variationsbreite zwischen direkter Imitation und freier Umgestaltung und Vermischung mit europäischen Motiven entwickelten. Unter letzteren fallen besonders die Wappenzeichnungen auf, von denen sich einige auf Länder, viele aber auf Städte beziehen. Am häufigsten kommt das Hamburger Wappen vor.

Besonders bei den Krügen erscheinen die Wappen oder Hausmarken bürgerlicher Familien. Oft gibt es dazu die Namensinschriften bestimmbarer Personen. Am häufigsten wiederum konnten diese für Hamburg und für Orte seiner Handelsbeziehungen ausgemacht werden.

Die Häufung dieser auf Hamburg bezogenen Motive hatte gegen Ende des vorigen Jahrhunderts bei den Museumsleuten und Sammlern zu der Vermutung geführt, diese durch sein glänzendes Blau-Weiß auffällige Keramikware sei in Hamburg oder Umgebung produziert worden. Man nannte sie daher „Hamburger Fayence“, eine Bezeichnung die bis vor kurzem noch in Museen und Katalogen gebraucht wurde.

Archäologische Funde, besonders die um 1982 in Amsterdam, und archivalische Forschungen haben zusammen mit dem Vergleich des in Portugal bewahrten und ergrabenen Materials eindeutig den Nachweis der Herkunft von dort erwiesen. Ebenso wurde dabei deutlich, dass die portugiesisch-jüdischen Kaufleute, die besonders zahlreich in Amsterdam und Hamburg ansässig waren, dieses Handelsgut vermittelt haben. Erforderlich dazu waren Sprachkenntnisse und entsprechende Korrespondenz, um die vielen individuellen Wünsche der Abnehmer auch kleiner Partien zu erfüllen.

Die im Gefäßdekor eingemalten Jahreszahlen vieler Stücke sagen aus, dass der Höhepunkt des Exports vor 1650 lag und dieser um 1670 aufhörte. Offenbar war diesen handwerklichen Produkten die Manufakturware nun vor allem aus Delft in Holland in Präzision und Preis am Markt überlegen. Die portugiesische Ware hatte aber vorher die europäische Entwicklung zur Mode der blau-weißen Keramik einen wesentlichen Impuls gegeben.


* Dr. Ulrich Bauche war lange Jahre Oberkustos am Museum für Hamburgische Geschichte. Unter seiner Regie zeigte das Museum 1991-92 die Ausstellung „400 Jahre Juden in Hamburg“, durch die einem größeren Publikum zum ersten Mal die Bedeutung der Sefarden für die Hansestadt eindrucksvoll vor Augen geführt wurde. 1996 organisierte Dr. Bauche zusammen mit Dr. Johanna Lessmann im Museum für Kunst und Gewerbe die Ausstellung „Lissabon – Hamburg. Fayenceimport im Norden“.






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Portugal-Post Nr. 8 / 1999