Helmut Buske Verlag Hamburg 2011, € 78,-
Der in Hamburg ansässige Buske Verlag mit seinem breiten Angebot wissenschaftlicher Darstellungen zu den verschiedensten Sprachen ist kräftig dabei, auch den lusophonen Bereich abzudecken. Nach dem medizinischen Wörterbuch Deutsch-Portugiesisch von Maria João Varela (Rez. in Portugal-Post 40) und dem Konversationsbuch von Helmut Rostock und João Eudes Brownsville (Rez. in Portugal-Post 50 und unser Buchtipp des Monats September 2011) nun das Nachlagewerk von Lutz Hoepner. Der Autor arbeitet seit 1979 am Institut für Romanistik der Humboldt-Universität zu Berlin. Die mehr als 11.000 Einträge pro Sprache sind unter Mithilfe ehemaliger Übersetzer- und Dolmetscherstudenten der Humboldt-Universität entstanden, die pikanterweise schon seit Jahren ihren Portugiesischbetrieb eingestellt hat.
Das Wörterbuch beinhaltet Namen von Arten und Artengruppen, sowie Fach begriffe aus dem Bereich der Zoologie, Botanik und Mykologie, sofern sie ein Pendant in der Partnersprache aufweisen. Um Verwechslungen unter den bereits auf regionaler Ebene oft unterschiedlichen Namen für die gleiche Spezies auszuschließen, erscheint in Klammern der jeweils inter national anerkannte wissenschaftliche Name. Das Nachschlagewerk wendet sich somit gleichermaßen an Naturwissenschaftler, wie an naturinteressier te Portugalreisende und Übersetzer.
Die Fachkompetenz der an der Bearbeitung beteiligten Studenten lässt allerdings gelegentlich zu wünschen übrig und führte zu Fehlern, sowie Mängeln bzgl. der aktuellen Nomenklatur und der Ausgewogenheit bei der Auswahl der Organismengruppen. Nachfolgend einige Beispiele für in die Irre führende sog. „Stützwörter“: Bergmolch (294) ist kein lagarto (Eidechse), sondern ein Amphib; relas (334) sind keine Unken, sondern Laubfrösche, muscaranhos (Spitzmäuse, 183) sind keine Nagetiere ( roedores) , sondern Insektenfresser; Zecken (529) sind keine Insekten, sondern Spinnentiere (Milben), der Venusnabel (508) ist kein Halbstrauch, sondern eine kleine Sukkulente; auf S. 84 ist cobra-cega ein Reptil, auf S. 473 ein Amphib (letzteres stimmt).
Aufgrund der Ergebnisse molekularbiologischer Untersuchungen kam es besonders auf Gattungs- und Artebene in den letzten Jahrzehnten zu zahlrei chen neuen Erkenntnissen, die sich auch in der Nomenklatur niederschlugen. Inkonsequenterweise werden im Wörterbuch z.T. schon über 10 Jahre zurückliegende Umbenennungen teilweise übernommen, teilweise auch nicht. Verwirrend ist, wenn für die gleiche Art an verschiedenen Stellen verschiedene Namen verwendet werden, z.B. für die Mauereidechse (152,406). Lacerta muralis und Podarcis muralis . Alpenmolch (280) und Bergmolch (294) sind identisch, aber unter verschiedenen Synonymen ( Triturus , bzw. Mesotriton ) aufge führt; der aktuell gültige Name ist Ichthyosaura .
Zugunsten bestimmter Organismengruppen, wie Vögel (59! Kolibri-Arten ), eini gen Säugergruppen (44 Fledermäuse), Meeresfische und -mollusken ist die Artenauswahl zu wenig ausgewogen; besonders Süßwasserfische und -mollusken, Insekten und Spinnen, sowie Farne, Pilze und die für Portugal charakteristischen Zistrosen erscheinen in zu wenigen Arten. Anstelle so ausgefallener Geschöpfe, wie dem Achtstreifen-Grunzer und Schuppenscheitelspäher sollten allgemein bekannte Arten, wie Flussperlmuschel, Bergei dechse, Marmormolch oder Apollofalter zu finden sein. Gleiches gilt für höhere Taxa (Artengruppen), unter denen man z.B. Geier, Kakadus, Bockkäfer und die extrem artenreichen Schmetterlingsgruppen der Spinner, Spanner und Eulen vermisst.
Die Auswahl allgemeiner biologischer Fachtermini unterliegt zwangsläufig einer gewissen Willkür. Sofern jene ein das Gegen teil ausdrückendes Pendant aufweisen, sollte dieses auch erscheinen, doch fehlt es häufig (z.B. bei den Gegensatzpaaren Kulturfolger – Kulturflüchter, wechselwarm – gleichwarm, Oviparie – Viviparie etc.).
Auch wenn sich das Wörterbuch „nicht vorrangig an Spezialisten der Botanik und Zoologie“ (Vorwort) richtet, sollte schon der stolze Preis (78 €) zu einer sorgfältigeren Bearbeitung des Materials verpflichten. Doch ungeachtet dessen stellt das Werk angesichts des sehr unbefriedigenden Umgangs mit Pflanzen- und Tiernamen in den bislang vorhandenen zweisprachigen Wörterbüchern einen verdienstvollen Beitrag dar. Mit seiner Hilfe hätte Curt Meyer-Clason einen cágado nicht in einen „Kakadu“ verwandelt und im PONS Standardwörterbuch würde uns unter carapau endlich ein sättigender „Stöcker“ anstelle eines maximal 5-6 cm erreichenden „Stichlings“ aufgetischt.
Rudolf Malkmus
Lutz Hoepner, Wörterbuch der Flora und Fauna
Portugiesisch–Deutsch. Deutsch–Portugiesisch
Helmut Buske Verlag Hamburg 2011 , 54o S. DIN A 5 Format, Preis € 78,-