Fotoquelle: Luchterhand Verlag © Jose Manuel Ribeiro

      António Lobo Antunes, einer der wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur, wurde am 1. September 1942 in Lissabon geboren. Er studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges zwei Jahre Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt.

In seinem umfangreichen Werk, das in 40 Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft, den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur und den Camões-Preis. Seine Bücher erscheinen auf Deutsch in der Übersetzung von unserem PHG-Mitglied, Maralde Meyer- Minnemann, im Luchterhand Literaturverlag. Soeben ist der Roman „Die letzte Tür vor der Nacht“ erschienen.

Rückblick: Veranstaltung zum 80. Geburtstag von António Lobo Antunes im BIB Bürgertreff Altona Nord am 20.9.2022

Dieser Abend wurde von der Agentur LITERTURTEST, Berlin, in Zusammenarbeit mit dem portugiesischen Generalkonsulat in Hamburg als Dank an die Buchhändlerinnen für deren Engagement im Rahmen der Leipziger Buchmesse 2022 organisiert. Es wurden viele Aktivitäten vorgestellt, die trotz der offiziellen Absage mit Unterstützung der portugiesischen Botschaft erfolgreich stattgefunden hatten. Eingerahmt wurde das literarische Programm von musikalischen Einlagen des in Hamburg lebenden Gitarristen Bruno Brás.

Nach einer kurzen Einleitung durch den portugiesischen Generalkonsul Vasco Seruya und den Versammlungsleiter Roland Große Holtforth (LITERATURTEST) stellte die Literaturübersetzerin Maralde Meyer-Minnemann das Lebenswerk von António Lobo Antunes vor. In anschaulicher Weise mit vielen Beispielen erklärte sie, wie schwierig die Übersetzung seiner Werke ist. Es war bisher ein langer Prozess mit viel notwendiger Analyse seiner Schreibweise, bis sie in der Lage war, die Werke aus seinem "antunionischen“ Portugiesisch in unsere deutsche Sprache zu übertragen. Lobo Antunes‘ häufiger Gebrauch des periphrastischen Infinitivs und des Gerundiums stellt die Übersetzerin vor enorme Schwierigkeiten. Zudem springt er in den Epochen wie auch bei den beteiligten Personen in seinen Erzählungen hin und her.

Es kam öfters vor, dass sie die Bedeutung einer Textstelle bei ihm hinterfragen musste. Für Maralde Meyer-Minnemann ist Lobo Antunes ein Seelenvermesser und zudem ein intimer Kenner der portugiesischen Geschichte. Da er als Sanitäter in den Kolonialkrieg nach Afrika geschickt wurde, hat er ein tieferes Verständnis für Fehler und Leid dieser Zeit. Ohne Zweifel ist Lobo Antunes heute der bedeutendste Schriftsteller Portugals, und sie würde ihm wirklich einen Literatur-Nobelpreis gönnen. Zum Abschluss ihrer Rede las Maralde Meyer-Minnemann noch eine Textstelle aus dem neuen Buch "Die letzte Tür vor der Nacht" von Lobo Antunes im Original und in der deutschen Übersetzung vor, damit sich die Zuhörerinnen und Zuhörer ein eigenes Bild über die Komplexität der Texte machen konnten. 

Die Literaturübersetzerin Barbara Mesquita war ebenfalls eingeladen worden, um über aktuelle Tendenzen in der portugiesisch-sprachigen Literatur (auch in den ehemaligen Kolonien) zu sprechen. Sie stellte eine Reihe von jungen Schriftstellern kurz vor, die Informationen sollen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung im Nachgang auch in elektronischer Form zugeschickt werden. Besonderen Wert legte Barbara Mesquita auf die Feststellung, dass es neben Portugal, Brasilien und Angola auch auf den Kapverden viele neue Talente gibt, die besonders durch ihren lebensfrohen Schreibstil auffallen. 

Zum Abschluss hatten die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, bei einem Glas Wein und Petiscos ins Gespräch zu kommen.

 

Von links: Generalkonsul Vasco Seruya, Gitarrist Bruno Brás, Barbara Mesquita, Maralde Meyer-Minnemann, Luís Pacheco (PHG), Roland Große Holtforth

Foto: Claus Bunk