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Was wird aus der Deutschen Schule Lissabon?

Von Peter Koj

Im Juli dieses Jahres ging durch die portugiesische Presse die Nachricht, dass eine große Baufirma das Grundstück kaufen möchte, auf dem sich (noch) die Deutsche Schule Lissabon (DSL) befindet. Dieses Grundstück von 3ha (30.000m2) nahe dem 2. Stadtring gehört dem deutschen Staat und ist, obwohl der Stadtbebauungsplan keine Bebauung vorsieht, von den Baulöwen sehr begehrt. Diese Begierde trifft sich durchaus mit den Wünschen mancher Deutscher, welche die DSL gerne an einer anderen Stelle hätten, am liebsten an der sog. „Linie“, d.h. zwischen Algés und Cascais. Man würde damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe fangen: einerseits würde man die DSL aus einem immer höllischeren Verkehr nehmen an der Schnittstelle verschiedener Schnellstraßen (dazu die albtraumhafte Vision zweier DSL-Schüler) , andererseits könnte man die Grundschule Estoril mit ihren 200 Schülern und die 800 Schüler der DSL zusammenlegen, eine Lösung, die von deutschen Dienststellen aus wirtschaftlichen Gründen schon seit langem propagiert wird. Schon zu meiner Zeit als stellvertretender Direktor der DSL in den 70er und 80er Jahren, zeigte sich der damalige Schulleiter, Dr. Martin Mühmelt, als glühender Anhänger eines Umzugs der DSL an die „Linie“, und er hatte schon ein Gelände in Caxias gefunden. Aber die deutschen Behörden gaben kein grünes Licht. Dieses Mal, jedoch, zeigen sie sich geneigter, und der Kulturattaché der Deutschen Botschaft, Christian Schlaga, schließt einen Umzug innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht aus. Was ginge verloren, wenn dieser Umzug zustande käme? Als erstes eine Grünfläche (die Gebäude der DSL nehmen lediglich 8.000 m2 der 30.000 m2 Gesamtfläche ein), ein Umstand, der vor allem von den Bewohnern von Telheiras beklagt werden wird, eines Viertels, das ursprünglich als Insel städtebaulicher Qualität für die gehobene Mittelschicht geplant war, inzwischen jedoch baulich schwer überlastet ist. Außerdem werden sich die Bewohner von Telheiras eines sozialen Raumes beraubt sehen, denn die DSL stellt ihnen ständig Klassenräume und die Sporthalle für soziale und spielerische Aktivitäten zur Verfügung. Aber vor allem wird ein weiteres schönes Denkmal der Architektur der 50er Jahre verloren gehen, in diesem Falle sogar ein Denkmal deutsch-portugiesischer Architektur: die DSL wurde von Otto Bartning entworfen, der schon die Evangelische Kirche gebaut hatte (dazu der Artikel von Georg Laiten-berger in dieser Ausgabe). Als Gartenbauarchitekt arbeitete Francisco Caldeira Cabral mit, und der berühmte Architekt Raul Lino assistierte in seiner Funktion als beratender Architekt.

Bleiben zwei Fragen offen: wird es der besagten Baufirma gelingen, den städtischen Bebauungsplan zu unterlaufen (es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas geschieht) und den schönen Gebäudekomplex der DSL mit ihren emblematischen Dachfiguren, dem roten „Läufer“ und dem blauen „Denker“.





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Portugal-Post Nr. 12 / 2000


Das Gebäude der Deutschen Schule Lissabon an der Av. General Norton de Matos
Foto: Deutsche Schule Lissabon




Albtraumhafte Vision zweier DSL-Schüler: Im Strom der Zeit - die Deutsche Schule Lissabon