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Braga

Von Henning Hammond-Norden *

Wir reisen in den Süden und landen im Norden - wie geht denn das? Ganz einfach, auf unserer jährlichen Fahrt mit dem Wagen von Hamburg nach Tavira machen wir Station im Norden Portugals, in Braga. Natürlich hatten wir uns informiert über diese fantastische Stadt, leider bemerkten wir zu spät, dass wir unseren guten DuMont Reiseführer in Tavira vergessen hatten. Nun, an das Wichtigste erinnerten wir uns, und dann gibt es ja noch die Tourist-Info ... Nach einer der spannendsten Fahrten überhaupt, nämlich weitgehend über Landstraßen von Astorga nach Braga - wirklich sehr empfehlenswert -, erreichten wir die Stadt schon am späten Vormittag, Zeit genug also für die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, die Stadt selbst und vielleicht blieb ja noch Zeit für das, was mir so ganz besonders am Herzen lag...

Einchecken im Hotel, welches, dank Internet vorgebucht und mitten in der Stadt gelegen, uns wegen Aircondition kühl aufnahm. Schön. Dann aber wurden wir nach Befragen sehr freundlich zu einem ganz fabelhaften - endlich wieder sehr originalen und nicht minder originellen - Restaurant geführt, wo wir, sicher die einzigen Touristen, ein vorzügliches Mittagsmenü serviert bekamen, zu endlich auch wieder portugiesischen Preisen. So gestärkt konnten wir unser Programm starten, wir hatten uns viel vorgenommen.

Braga wird als das "portugiesische Rom" bezeichnet, ganz sicher und auch wegen der zahlreichen Gotteshäuser. Tatsächlich, sagt man, ist die Bevölkerung die konservativste Portugals überhaupt, andererseits gilt Braga als eine der schönsten und fantastischsten Städte Portugals, nicht nur des Nordens. Und außerdem ist Braga auch eine Stadt mit einer großen Universität - die Sorge, vom Klerus nun total umzingelt zu werden, ist zumindest nicht allzu begründet.

Der genaue Ursprung Bragas ist nicht bekannt, es gilt aber als wahrscheinlich, dass bereits die Kelten die Siedlung (mit)gründeten und diesen Ort Bracari nannten, woraus ganz sicher später Braga abgeleitet wurde. Um das Jahr 50 v. Chr. drangen die Römer ein und eroberten nach wie immer blutigen Kämpfen das Areal. Schon den alten Römern gefiel die Region, immerhin blieben sie einige hundert Jahre und nannten die Stadt Bracara Augusta, natürlich nach und zu Ehren des Kaisers Augustus. Während des Römischen Reiches nun war Braga die Hauptstadt der gesamten galizischen Region, was nur werden hierzu unsere spanischen Freunde sagen? Genug Geschichte, genug Theorie, wir wollen die Praxis sehen, die Stadt erleben und einatmen.

Man muss den Barock nicht lieben, um Braga zu mögen; immerhin 36 heilige Hallen im Schnörkelstil (zumindest fast alle), die kosten Kraft und Nerven. Und Schuhsohlen. Wir beschließen, nur einige wichtige anzusehen. Eine Besonderheit ist das Krankenhaus der Kirche São Marcos, eine nicht enden wollende Barockwand in ganz hervorragender Gliederung, sie kann als beispielhaft angesehen werden. Die Fassade des bereits im 15. Jahrhundert gegründeten Krankenhauses wurde im 18. Jahrhundert grundlegend erneuert. Für die Liebhaber historischer Gartenanlagen ist Santa Barbara ein Muss. Ein großer und großzügig angelegter italienischer Renaissancegarten erschließt sich dem Besucher und lädt zu einer kleinen Rast ein. Besonders schön die rückwärtigen Mauern des ehemaligen Bischofspalastes.

Zurück in die Stadt, hinein in den Trubel und das pralle Leben erleben. Studenten umringen uns und bringen uns ein Ständchen, aus dem Stegreif intoniert und lachend fröhlich dargeboten. Ein Obolus wandert in den Gemeinschaftstopf, es wird ein kleiner Beitrag für eine abendliche Feier sein ... Es ist eine wunderbare, lebendige Stadt, sicher nicht wesentlich konservativer als andere studentische Zentren des Landes, so scheint es zumindest. Überquellende Plätze laden zur Pause. Einem Restaurant mit den obligatorischen Tischen und Stühlen im Freien fallen wir zum Opfer und wir genießen Erfrischungen, während die hoch aufschießenden Fontänen den Himmel zu bewässern versuchen.

Es ist spät geworden; gleichwohl beschließen wir, die Kirche Bom Jesus zu besuchen. Das ganze Kirchengelände liegt auf dem höchsten Hügel und am Rande der Stadt, wir erreichen es, wie wir es gern machen, mit dem städtischen Bus. Dort angekommen, erwartet uns eine kleine Überraschung in Form einer abenteuerlich anmutenden Schienenseilbahn. Obwohl das Vehikel nicht sonderlich Vertrauen erweckend aussieht, beförderte es uns, nein, nicht geradewegs in den Himmel. Kurz davor müssen wir an der Endstation aussteigen. Oben nun erwartete uns ein glorioses Szenario. Museen, Kloster, Hotels, fast hätte ich die Kirche vergessen. Und natürlich die üblichen Devotionalien-Shops, vollgestopft mit Artikeln von eher bescheidener Qualität. Aber, muss wohl so sein, konstatieren wir toleranterweise. Ein sehr schöner Aussichtsgarten mit fantastischem Blick auf die Stadt ist Lohn genug für die Duldung allerlei kirchlichen Schabernacks.

Während wir auf die Abfahrt der Seilbahn warten, hoffe ich als neugieriger Mensch und Technik-Freak einen Blick in das Maschinenhaus der so vorsintflutlichen Bahn werfen zu können. Allein, das "Maschinenhaus" entpuppt sich als riesiges Wasserbassin. Von diesem Bassin aus wird die jeweils am Berg stehende Bahn mit 3.500 Liter Wasser gefüllt: es hat durchaus Ähnlichkeit mit dem Tränken eines Fossils. Der "Fahrer" ist dann nur noch der Mann an der Bremse, er löst selbige nach einer kurzen Kommunikation mit dem Bremser des Talfahrzeuges (standesgemäß hätte das wohl mit Rauchzeichen geschehen müssen), und die Bahn setzt sich langsam, aber heftig rumpelnd in Bewegung. Wieder unten angekommen, wird der bahninterne Wassertank geöffnet, wodurch sich der restliche feuchte Inhalt laut glucksend der Natur übergibt. Auch sehr spannend, dieser kleine Ausflug zu den Anfängen der technischen Revolution.

Nach einem weiteren Rundgang durch noch nicht bekannte Straßen der Stadt nehmen wir einen kleinen, aber leckeren abendlichen Imbiss und erklären unser Besichtigungsprogramm Braga für beendet, auch wegen einer doch deutlich spürbaren Ermüdung. Und morgen ist die Fahrt nach Tavira ja auch noch abzureiten ...

Dieser Ermüdung ist nun die Besichtigung eines meiner erklärten Ziele zum Opfer gefallen. Was wollte ich sehen? Es wäre ein architektonisches Highlight gewesen: das neue, eigens für die Fußball-Europameisterschaft gebaute Stadion, welches ganz eindeutig sensationell in einen ehemaligen Steinbruch hinein gebaut worden ist. Hätte ich schon sehr gern gesehen und das nicht nur, weil ich Steinmetz bin. Und so wird dieses Stadion der Grund für einen weiteren Besuch in Braga, der schönen, nicht nur barocken Stadt werden.


* PHG-Mitglied Henning Hammond-Norden ist Bildhauer und Steinmetzmeister. Wir freuen uns schon auf seinen interessanten Lichtbildervortrag "Unbekannte Begräbnisstätten im Süden. Alte und neue Friedhöfe im Algarve", den er am 3.11. im Kulturhaus Eppendorf (Martinistraße 40) halten wird. Beginn: 20 Uhr




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Portugal-Post Nr. 31 / 2005


Auf und Ab mit dem "elevador"




Maschinenhaus des "elevador" am
Bom Jesus in Braga




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